Statt beim Stadtbahn-Unfall Erste Hilfe zu leisten, hat ein Unbekannter die schwer verletzte Stadtbahnfahrerin gefilmt. Die Aufnahme könnte für den Mann ein juristisches Nachspiel haben. Es drohen bis zu zwei Jahre Haft.

Am Freitagvormittag hat sich in Stuttgart einer der schwersten Stadtbahn-Unfälle seit deren Einführung in den 1980er-Jahren ereignet. In der Inselstraße in Wangen krachte ein Zug der Linie U 4 in das Heck einer stehenden U 9. Mindestens 15 Personen wurden verletzt, elf mussten nach einer Erstversorgung vor Ort in Kliniken gebracht werden. Ein 26-jähriger, weiblicher Fahrgast erlitt lebensgefährliche, die 47 Jahre alte Fahrerin der hinteren Stadtbahn schwere Verletzungen. Am Sonntag konnte die Polizei nichts zum aktuellen Gesundheitszustand der beiden Frauen sagen.

 

Video taucht bei TikTok auf

Dafür konnten die Beamten bestätigen, dass Ermittlungen zu einem Gaffer-Video eingeleitet wurden. Es ist in sozialen Netzwerken wie TikTok aufgetaucht und zeigt den Unfallort noch vor dem Eintreffen der Einsatzkräfte. Mutmaßlich mit gezücktem Smartphone nähert sich ein unbekannter Mann dem stark deformierten Führerhaus des hinteren Zugs. Er filmt die schwer verletzte Stadtbahnfahrerin und mehrere Ersthelfer, die nach einer Möglichkeit suchen, vom Gleisbett in die Stadtbahn zu gelangen. „Uns ist das Video bekannt, es muss so schnell wie möglich entfernt werden“, so ein Polizeisprecher. Einen entsprechenden Antrag habe man bereits gestellt.

Nicht nur wegen unterlassener Hilfeleistung droht dem Mann, der am Unfallort Aufnahmen machte, ein juristisches Nachspiel. Vorausgesetzt, die Polizei kann seine Identität ermitteln. Gaffer, die Verletzte fotografieren oder filmen, müssen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Aufnahmen weitergegeben oder veröffentlicht wurden.