Ist es nicht auch ein Problem, dass man in Stuttgart oft in großen Flächen denkt?
Sie haben im Prinzip recht, aber ich würde die Einschränkung „nur in Stuttgart“ nicht gelten lassen. Wir haben als Stadtplaner gerne die Stadt des 20.Jahrhunderts, die Gründerzeitstadt als Ideal vor Augen – und übersehen die Entstehungsbedingungen. Ein Supermarkt etwa hat heute eine bestimmte Größe zu haben, und wir haben mit Investoren zu tun, die nur noch innerhalb bestimmter Grenzen ihre Freiheiten haben. Das führt nach Abwägung aller Dinge oft zu großen Einheiten.

Fehlt der Politik manchmal der Mut, eigene Akzente zu setzen? Der wäre vor Jahren beispielsweise bei der Paulinenbrücke erforderlich gewesen. Sie plädierten für den Abriss, aber der Gemeinderat wollte dafür keine 30 Millionen Euro ausgeben. Ein Fehler?
Bei solchen historischen Entwicklungen spreche ich grundsätzlich nie von Fehlern. Meine Schwiegermutter sagt immer, ,wer weiß, wozu’s gut ist‘. Aber es gibt in der Stadtentwicklung eben Konstellationen, die tauchen nicht alle Tage auf. Der Abriss der Paulinenbrücke hätte einer riesigen Kraftanstrengung bedurft, aber man hätte sie, so glaube ich, nicht bereut. Bei der Lösung jetzt kann ich nicht ausschließen, dass man die Sache per Saldo bereuen könnte.

Die Idee ist einst bei einer Studentenarbeit aufs Tapet gekommen. Kann die Universität in der Architektenstadt Stuttgart generell dazu beitragen, dass auch unkonventionelle Ansätze auf die Tagesordnung kommen?
Ja, wir haben die Arbeit ja damals angeregt unterstützt. Die Hochschule für Technik und die Universität mit den Studenten sind der perfekte Möglichkeitsraum. Es ist ein großes Geschenk, wenn man so eine Universität hat und so zahlreiche Möglichkeiten durchspielen kann. Wenn Sie etwa an Stuttgart 21 denken, kamen einst wesentliche Impulse aus einem neuen, ganz freien Denken. Plötzlich war da zudem ein anderer Bahnvorstand, der nicht nur als Eisenbahner gedacht, sondern gesehen hat, dass sich auf den riesigen Gleisarealen in den Städten richtige Stadtentwicklung machen lässt, dass also die Renaissance der Bahnhöfe nicht nur Eisenbahner betrifft. Das Zusammenzudenken ist ein Charakteristikum dieses Raumes. Das sind ja immer nur wenige kreative Köpfe, die so was zusammenschauen und impulsieren können.