Stadträte wollen keine Hängepartie Wie geht es weiter mit dem Kaufhof in Stuttgart?
Die Verwaltung hat nun ihr Vorgehen zu dem leer stehenden Kaufhaus an der Eberhardstraße in Stuttgart skizziert. Doch den Stadträten dauert das alles viel zu lange.
Die Verwaltung hat nun ihr Vorgehen zu dem leer stehenden Kaufhaus an der Eberhardstraße in Stuttgart skizziert. Doch den Stadträten dauert das alles viel zu lange.
Die Mehrheit steht. Die Mehrheit der Stadträte will den leer stehenden Kaufhof und das Parkhaus nebenan für ein Haus der Kulturen nutzen. Deshalb war das Erstaunen im Ausschuss für Stadtplanung des Gemeinderats am Dienstag groß, skizzierte doch die Verwaltung einen Prozess, der sich mehrere Jahre hinziehen würde.
Die Stadt hat das Kaufhof-Gebäude an der Eberhardstraße samt Parkhaus für 58,5 Millionen Euro gekauft. Das Amt für Stadtplanung hat nun das weitere Vorgehen dargestellt. Zunächst gibt es eine technische Machbarkeitsstudie. Das heißt, das Gebäude wird auf Herz und Nieren auf seinen Zustand hin geprüft. Das soll bis Oktober abgeschlossen sein. Daran anschließen soll eine Zukunftswerkstatt für das Kaufhaus und das Parkhaus. Dabei sollen sich mögliche Interessenten über ihre Ideen austauschen. Mit dem „Ziel des möglichen Bestanderhalts und der Erarbeitung langfristiger Nutzungsvorschläge.“
Dann solle eine Konzeptstudie die Nutzungen untersuchen und abklopfen. Dies solle im April 2025 fertig sein. Dann könne der Gemeinderat entscheiden und man einen Wettbewerb ausloben. Stadträtin Lucia Schanbacher (SPD) rechnete flugs nach und stellte fest: „Dann haben wir erst in den Jahren 2026 oder 2027 die Wettbewerbsergebnisse.“
Nicht nur ihr war das viel zu spät. „Das Haus der Kulturen ist gesetzt“, sagte Hannes Rockenbauch von der SÖS, „es gibt eine klare Mehrheit im Gemeinderat dafür.“ Deshalb müsse die Verwaltung nicht aufwendig andere Nutzungen prüfen, pflichteten ihm die Kollegen bei. Der Gemeinderat könne und müsse, nachdem die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie vorliegen, entscheiden, wie die Nutzung aussehe. Man brauche nicht wieder wie bei der Villa Berg eine Beteiligung der Bürger, mit dem Ergebnis, dass deren Ideen ignoriert werden, bekräftigte Schanbacher. „Wir müssen schneller werden und nicht warten, bis die ersten Scheiben dort eingeschlagen werden, weil nichts passiert.“ Bei Baubürgermeister Peter Pätzold rannten sie offene Türen ein. Auch er kann sich ein schnelleres Verfahren vorstellen. Diesen Auftrag erteilten die Stadträte dann auch der Verwaltung, sie wünschen sich einen Vorschlag, wie das Verfahren zügiger vonstatten geht, und dass sie im Herbst über die Nutzung abstimmen können. Eine Studie könne dann begleitend feststellen, für was und wen noch neben den ebenfalls gesetzten Wohnungen Platz sei auf der Fläche.
Doch was passiert in der Zwischenzeit? Leer stehen soll das Gebäude nicht. Um eine Nutzung kümmert sich die Wirtschaftsförderung. Es gibt Ideen. Die Unterbringung von Flüchtlingen wird diskutiert, ein Reallabor, in der man die Nutzung als Haus der Kulturen vorbereitet, einen Park auf dem Parkhaus und das Konzept Euphoria, die freie Tanz- und Theaterszene hat auch Wünsche angemeldet.
Das Konzept Euphoria ist ausgearbeitet. Saeed Kakavand, Hannes Steim, Abdullah Budik und Felix Klenk wollen es umsetzen. „Es ist vorstellbar, zu Beginn nur das Erdgeschoss zu bespielen und die Nutzung Schritt für Schritt auszudehnen“, schreiben sie. Geplant sei ein „moderner Marktplatz“, die Stadtgesellschaft benötige zentral gelegene, bezahlbare Flächen für zeitgenössische Kunst, Gegenwartskultur, Musik, inhabergeführten Einzelhandel und Start-ups.
Die Stadträte wollen zügig eine Zwischennutzung, wenngleich Rockenbauch eine offene Prüfung anmahnt, bei der alle Vorschläge ernsthaft geprüft werden.
Auch Sascha Bauer hat sich zu Wort gemeldet. Er war mit seinem Studio Cross Scale maßgeblich an der Umsetzung des Konzepts der Zwischennutzung der Schwabenbräu-Passage in Bad Cannstatt beteiligt. Das ging zügig, weil alle Ämter und Beteiligten an einem Strang zogen. Er plädiert fürs Ausprobieren, fürs Wachsen lassen, für „ein pulsierendes Zentrum für Kultur, Kreativität und Gemeinschaft“. Und nennt dies „das Märchen aus der Eberhardstraße.“ Wie fangen solche Märchen an? Es wird einmal. In naher oder ferner Zukunft?