Das Quartier rund um den Nordbahnhof ist im Wandel: Im Zuge von Stuttgart 21 werden Freiflächen und Wohnraum entstehen. Der ehemalige Bezirksvorsteher Joseph Klegraf führt Interessierte durch das Gebiet und geht auf die Entwicklung des Rosensteinviertels ein.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

S-Nord - Der Gleisbogen ist von den Veränderungen im Zuge der Arbeiten am Tiefbahnhof besonders betroffen. „Er ist von allen Seiten umgeben von Stuttgart 21“, sagte Joseph Klegraf, der ehemalige Bezirksvorsteher des Stuttgarter Nordens. Er führte Interessierte durch das Areal rund um den Nordbahnhof, von der Martinskirche vorbei an den Wagenhallen, vom Brünner Steg bis zum Gleisfächer am Rosensteinpark, auf dem die Bahn ihre Züge abstellt. „Ebenso wird der Norden aber später einmal der Bezirk sein, der am meisten von den Bauarbeiten profitiert“, so Klegraf. „Das ist die positive Kehrseite, und sie wird heute oft vergessen.“ Durch die Bauarbeiten am Tiefbahnhof entstehen Freiflächen, auf denen Wohnraum geschaffen werden soll.

 

Der Planabschnitt B, wie der Bereich des riesigen Gleisfächers genannt wird, soll einmal bis zu 7000 Einwohner beherbergen. Das Quartier soll sich vom Rosensteinpark bis zu den Mineralbädern erstrecken. „Hier ist noch vieles zu planen“, sagte Klegraf. Es liege an den Bürgern, ihre Wünsche und Vorstellungen kundzutun. Das Forum Rosenstein und die Bürgerbeteiligung Rosenstein bieten dafür die Plattform. „Jetzt haben wir die Chance mitzusprechen, etwas Schönes entstehen zu lassen“, ergänzte Muhterem Aras, die Landtagsabgeordnete der Grünen, die ebenso wie weitere Mitglieder ihrer Fraktion den Stadtteilspaziergang begleiteten.

Historische Bauwerke sollen erhalten bleiben

Die umfangreiche Umgestaltung des gesamten Gleisbogen-Areals biete Chancen und Möglichkeiten, sagte der ehemalige Bezirksvorsteher Klegraf, der den Rundgang im Infoladen an der Martinskirche begann. Der Infoladen Stuttgart 21 auf der Prag ist ein gemeinnütziger Verein, der das Großprojekt Stuttgart 21 für die Bürger im Stadtquartier in allen Phasen der weiteren Planung und Bebauung konstruktiv und kritisch begleitet. Er setzt sich mit dem Gleisbogen und seinen teilweise denkmalgeschützten Objekten wie der Gäubahnbrücke auseinander.

Von den Wagenhallen bis zum Hauptbahnhof wird das Areal dabei historisch aufgearbeitet. „Der Gleisbogen hat das Quartier geformt und geprägt“, sagte Klegraf, der auch der erste Vorsitzende des Vereins ist. Er und seine Mitstreiter haben sich andere ehemalige Bahnbauwerke in ganz Europa angeschaut und sich Gedanken gemacht, wie die Bauwerke bei uns künftig genutzt werden können, ob sie etwa in die Wohnbebauung integriert werden können. Eines ist Klegraf wichtig: die historischen Bauwerke sollen so weit wie möglich erhalten bleiben. Das sieht auch Anna Deparnay-Grunenberg so. „Spannende Quartiere entstehen aus einer Mischung aus historisch und modern“, sagte die Stadträtin der Grünen. Bestes Beispiel dafür sei das Hospitalhofviertel.

Die Wagenhallen bleiben erhalten und werden saniert

Was Klegraf und seine Mitstreiter bereits retten konnten, war die Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung“. Von diesen heute ausrangierten Gleisen aus wurden im dritten Reich Stuttgarter Bürger deportiert. „Das ganze Gelände sollte inklusive der Wagenhallen abgerissen werden“, sagte Klegraf. „Doch ein Gelände, auf dem einst Deportationen stattgefunden haben, darf nicht zu Baugelände werden.“ Auch die Wagenhallen werden wohl erhalten bleiben. Für sie steht im aktuellen Haushalt Geld für eine Sanierung zur Verfügung, berichtete die Stadträtin der Grünen Gabriele Munk.

Durch den Urban-Gardening-Gemeinschaftsgarten, vorbei an den Wagenhallen, ging der Rundgang an den S- und Stadtbahnhaltestellen Nordbahnhof vorbei, ebenso wie an den kleinen Häusern, die an der Rosensteinstraße unter die Bögen der Eisenbahnbrücke gebaut sind. „Diese Hexenhäuschen sind ein Stück Identität des Stuttgarter Nordens“, so Klegraf.

Der Weg führte die Teilnehmer bis hinauf zur Straße Unterer Dornbusch, von wo aus man einen guten Blick auf den sogenannten Zwischenangriff hat, ein Behelfstunnel, der errichtet wurde für den Tunnel, der die Bahn später einmal von Feuerbach zum Hauptbahnhof führen soll. Über den Brünner Steg ging es wieder zum Nordbahnhof und schließlich zur Ehmannstraße, wo der Gleisfächer an den Rosensteinpark grenzt und im Planabschnitt B später das riesige Wohnquartier entstehen soll.