Trotz explodierender Baupreise und der Energiekrise halten Weinstadt und ihre Stadtwerke am gemeinsamen Hallenbadneubau fest. Das Projekt soll der Kommune endlich aus ihrer Badmisere heraushelfen.

Der ganz große Wurf soll das gemeinsame Hallenbad-Projekt der Stadt Weinstadt und ihrer Stadtwerke werden, um der Kommune endlich aus ihrer Badmisere herauszuhelfen. Denn seit der Schließung des Cabrio-Bades kann nur noch im kaum minder maroden Stiftsbad geschwommen werden. Doch nun explodieren die Baupreise, und die Energiekrise sorgt zusätzlich für wirtschaftliche Unsicherheiten.

 

Kann das Millionenprojekt vor dem Hintergrund all dessen überhaupt realistisch umgesetzt werden? Mit einer Million müsste die Stadt Stand jetzt den Stadtwerken Weinstadt finanziell unter die Arme greifen, damit diese über das notwendige Eigenkapital von 4,7 Millionen Euro für das 15,5-Millionen-Vorhaben verfügen. Dabei ist auch ein Bundeszuschuss in Höhe von 3 Millionen eingerechnet.

Wie ist die Wirtschaftslage der Stadtwerke Weinstadt?

„Aufgrund der brutalen Verwerfungen auf dem Energiemarkt ist die Perspektive nicht mehr so klar wie in der Vergangenheit“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Thomas Meier. Bislang war der städtische Eigenbetrieb erfolgsverwöhnt. Stark gewachsen sei man, habe immer neue Aufgaben übernommen und 2021 den „besten Jahresabschluss ever“ vorgelegt, so Meier. Und auch in diesem Jahr werde man voraussichtlich „ein ordentliches Ergebnis“ erwirtschaften können. „Wir haben das Glück, dass wir sehr breit aufgestellt sind und neben dem Vertrieb auch in der Erzeugung tätig sind.“ Dabei seien die beiden Geschäftsfelder ungefähr auf einem Level.

Was erwartet die Kunden der Stadtwerke Weinstadt?

Da man immer ein Jahr im Voraus Energie für das nächste Jahr am Terminmarkt besorge, seien die Preise auf niedrigem Niveau – „noch“, wie Meier betont. Denn man werde nicht umhinkommen, die Beschaffungspreise von diesem Jahr 2023 auf die Endkunden umzulegen. Zahlen will Meier nicht nennen, sagt aber: „Die Preisentwicklung beim Gas wird extrem sein.“ Ähnlich verhalte es sich beim Strom. Eine Konsequenz, die jetzt schon manch einer zu spüren bekommen hat: „Wir haben mehrfach den Neukundenvertrieb ausgesetzt, weil entweder das Risiko der Beschaffung zu hoch ist oder die Preise so hoch sind, dass man damit keine Kunden gewinnen kann.“

Wie geht es nun mit dem Hallenbadprojekt weiter?

Derweil haben die Stadtwerke Weinstadt auch mit Preissteigerungen in der Baubranche zu kämpfen. Ein noch viel größeres Problem seien indes die steigenden Zinsen, sagt Oberbürgermeister Michael Scharmann. Vorschnell aufgeben möchte man aber keinesfalls. „Wenn man solch ein Großprojekt macht, muss man einen langen Atem haben“, sagt der OB. Daher beobachte man derzeit erst einmal die Marktlage genau, um dann bei Baubeschluss Ende des Jahres zu entscheiden, „ist das Projekt machbar oder muss man Stellschrauben anpassen“. Eine definierte Preisobergrenze gebe es nicht. Klar sei indes, dass etwaige Einsparungen für die langfristige Nutzung des Bades wiederum nicht gut seien. Aber bevor man das Projekt gar nicht umsetze, müsse man auf das ein oder andere verzichten. „Denn wenn wir es jetzt nicht machen, passiert in den nächsten zehn Jahren mit Sicherheit auch nichts mehr“, sagt Scharmann. „Ich habe sehr große Hoffnung, dass wir das Projekt hinbekommen.“ Davon geht Meier ebenfalls aus: „Wir erwarten, dass sich der Markt beruhigt, und es Preise gibt, mit denen man umgehen kann.“ Die hohen Preise könnten sich nämlich auch positiv für das Hallenbadprojekt auswirken, indem sie zu einer sinkenden Nachfrage in der Baubranche führen.

Wie wollen die Stadtwerke aus der Energiekrise kommen?

Durch und durch Optimist ist Meier, ebenfalls was die Energiekrise angeht. „Sie gibt uns die Chance, dass wir bei Erneuerbare-Energien-Projekten vorankommen.“ Bislang seien diese nämlich teils daran gescheitert, dass sie nicht wirtschaftlich genug waren. Den Ausbau erneuerbarer Energien sieht der Stadtwerke-Geschäftsführer zudem als den einzigen Weg, um „raus aus der Abhängigkeit und dem Angebotsengpass zu kommen“. Dabei könne man auf das aufsetzen, was man in den vergangenen zwei bis drei Jahren schon gemacht habe und dieses beschleunigen. Dazu gehört der beabsichtigte Bau einer Wärmezentrale auf dem ehemaligen Holzlagerplatz der Stadt, die man parallel mit verschiedenen Energieerzeugungsarten geplant habe: Holzhackschnitzel und Abwasserwärmenutzung der örtlichen Kläranlage.

Welche Ausbaumöglichkeiten gibt es ansonsten noch?

Bewusst wolle man die Energiezentrale so aufbauen, dass man flexibel bleibe hinsichtlich Erweiterungsoptionen durch eine Photovoltaikanlage, einem Blockheizkraftwerk oder der Nutzung von Wasserstoff. Doch auch ohne dies werde die Energiezentrale einen „nennenswerten Beitrag“ für die Wärmeversorgung in Weinstadt leisten. „Mit der neuen Anlage können wir aus Abwasser zwölf bis 14 Millionen Kilowattstunden Wärme erzeugen. Das ist mehr, als wir bisher liefern“, sagt Meier.