Der Deutsche Städtetag hat bei seiner jüngsten Sitzung in Osnabrück gefordert, die Videoüberwachung auszubauen. Wie stehen Sie als Grüner dazu?
Da stehen zwei Grundrechte im Konflikt zueinander – Freiheit ohne Sicherheit ist Anarchie, Sicherheit ohne Freiheit Diktatur. Als Oberbürgermeister einer Stadt, in der das Sicherheitsempfinden durch den Mord an eine jungen Frau im vergangenen Herbst erheblich gelitten hat, sehe ich, dass wir handeln müssen, damit sich Frauen und auch Männer weiter frei und ungezwungen bewegen können. Auch durch die terroristischen Attentate und die Diskussion um die Zuwanderung gibt es eine Grundverunsicherung in der Bevölkerung. Ich denke nach wie vor, dass für das Sicherheitsempfinden in erster Linie das Land zuständig ist. Seit zehn Jahren kämpfe ich um mehr Polizei in Freiburg, und ich habe den Eindruck, dass die Botschaft endlich in Stuttgart angekommen ist und dass wir jetzt erstmals eine gemeinsame Sicherheitspartnerschaft zwischen Stadt und Land hinbekommen.
Auch das Thema Feinstaub plagt viele Städte – tun sie genug dagegen?
Schon vor zehn Jahren hatte ich den Eindruck, dass man ein Problem bei den Kommunen und Bürgermeistern ablädt, statt in Europa strengere Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid für alle Fahrzeuge einzuführen. Wir brauchen dringend die blaue Plakette. Wenn Bundesverkehrsminister Dobrindt sie aus ideologischen Gründen ablehnt, haben wir kaum Spielraum. Wir benötigen aber auch Geld für den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs: für neue Fahrzeuge, einen besseren Takt, attraktivere tarifliche Angebote, Werbung – das erfordert einen langen Atem.
In den vergangenen Wochen gab es viel Wirbel, weil die Landtagsabgeordneten ihre Altersversorgung verbessern wollten. Was dachten Sie als ehemaliger Grünen-Fraktionschef?
Die Fraktionen von Grünen, CDU und SPD haben sich ja zum Glück korrigiert. Ein solches Thema in zwei Tagen durchpeitschen zu wollen – dass das nicht gutgehen kann, hätte man sich denken können.