Wer in den Ferien einen Städtetrip plant, sollte sich nicht nur auf den Reiseführer verlassen. Es gibt auch sehenswerte Ausstellungen – wir verraten sie.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Berlin, Hamburg, Wien? Bei Reisen in Großstädte hat man die Qual der Wahl. Wer nicht nur das touristische Standardprogramm abklappern will und kunstinteressiert ist, sollte diese besonderen Ausstellungen ins Programm aufnehmen.

 

Berlin: für Kunstkenner

Sie macht es einem nicht immer leicht. Isa Genzken wird gern als eine der wichtigsten und erfolgreichsten deutschen Künstlerinnen genannt, ihre Arbeiten wirken aber mitunter spröde und schwer zugänglich. Inzwischen ist Isa Genzken 75 Jahre alt, und die Neue Nationalgalerie Berlin widmet ihr eine Ausstellung, die alle Phasen ihres Werks abschreitet. Was die Arbeiten verbindet? Nichts! Isa Genzken nutzt verschiedenste Materialien, aber auch alltägliche Gegenstände oder Konsumgüter. Mal zieht sie einer Nofretete-Kopie eine coole Sonnenbrille auf, mal finden sich befremdlich ausstaffierte Puppen in ihren Installationen. Oft nutzt sie das Motiv des leeren Bilderrahmens oder stellt schlichte bunte Säulen auf.

Bekannt wurde Isa Genzken zunächst nicht wegen ihrer eigenen Arbeiten. Sie studierte unter anderem an der Kunstakademie in Düsseldorf und heiratete 1982 ihren Professor – den hochgelobten und gefeierten Maler Gerhard Richter. Nach der Scheidung stürzte sie in eine schwere Krise, machte dann aber internationale Karriere. In Berlin steht vor der Neuen Nationalgalerie ein Werk, das auch beim breiten Publikum Gefallen finden könnte: eine überdimensionale rote Rose.

Isa Genzken 75/75: Bis 27. 11., Neue Nationalgalerie, Potsdamer Straße 50, Berlin, geöffnet Di–So 10 bis 18 Uhr, Do bis 20 Uhr

Frankfurt: Sehnsucht nach Bella Italia

Italienliebhaber, denen es zu heiß für den sonnigen Süden ist, können dennoch durch Italien reisen. Das Städel-Museum Frankfurt hat alte Fotografien herausgekramt, die die „ewigen Sehnsuchtsorte“ zeigen, die man kennt, aber eben nicht so, wie sie zwischen 1850 und 1880 aufgenommen wurden. Auch damals stand das Kolosseum in Rom und neigte sich der Turm zu Pisa gefährlich zur Seite, aber die Ruhe und die Leere auf den Fotografien ist beeindruckend. Heute müsste man sehr früh aufstehen, wenn man die Galleria Vittorio Emanuele II in Florenz so menschenleer antreffen wollte.

Die Fotografen, die diese Aufnahmen machten, haben ganz wesentlich das Bild von Italien als Sehnsuchtsort geprägt, das letztlich dazu führte, dass die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg am liebsten in den Süden fuhren und die Bettenburgen an der Adria entstanden. Der Gondoliere, der um 1875 durch die Lagune fuhr, wäre vermutlich nie auf die Idee gekommen, dass gigantische Kreuzfahrtschiffe das Juwel Venedig eines Tages gefährden würden.

Italien vor Augen – Frühe Fotografien ewiger Sehnsuchtsorte: Bis 3. 9., Städel-Museum, Schaumainkai 63, Frankfurt am Main, geöffnet Di–So 10 bis 18 Uhr, Do bis 21 Uhr

Hamburg: Werke zum Lachen

Es darf gelacht und sich amüsiert werden. An sich ist Kunst eine bierernste Angelegenheit, die Sammlung Falckenberg in Hamburg zeigt dagegen, dass sie auch Spaß machen kann. Die Ausstellung „Ernsthaft?!“ dreht sich um „Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst“ und präsentiert Werke verschiedenster Epochen, Stile, Länder, die keck, frech, witzig sind oder auch mal für schlechten Geschmack gehalten werden könnten. Mit dabei sind internationale Positionen – ob es Marcel Duchamp oder die Surrealisten René Magritte und Giorgio de Chirico sind.

Die Sammlung Falckenberg wird von den Deichtorhallen Hamburg betreut und in den Phoenix-Fabrikhallen in Hamburg-Harburg ausgestellt. Man kann sie allerdings nur im Rahmen von geführten Rundgängen sehen.

Ernsthaft?! Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst: Bis 27. August, Deichtorhallen/Sammlung Falckenberg, Wilstorfer Straße 71, Tor 2, Hamburg-Harburg, geöffnet Sa, So 12 bis 17 Uhr

München: Must see – Flowers Forever!

Wer diese Ausstellung nicht gesehen hat, hat wirklich etwas verpasst. Denn wer meint, schon alles über Blumen zu wissen, der irrt sich. Selten hat man eine so anregende und vielseitige Ausstellung wie „Flowers Forever“ in München zu sehen bekommen. Es geht kreuz und quer durch die Kunst- und Kulturgeschichte, es geht um Pflanzen, die ihre Farbe wechseln, oder um bedeutungsschwere Symbole. Hier stolpert man über Blumengestecke aus Löffeln und Nägeln, dort reagieren digitale Pflanzen in einer KI-gesteuerten Rauminstallation auf die Bewegungen des Publikums. Das ist lehrreich. Und es gibt auch sehr sinnliche Erlebnisse in der Ausstellung: So haben etwa 180 Münchnerinnen und Münchner 200 000 Blumen gesammelt, aus denen die britische Künstlerin Rebecca Louise Law eine höhlenartige Installation gefertigt hat, in der Rosen, Glockenblumen, Disteln und Hortensien, Gräser und Lavendelstängel kunstvoll auf Schnüre aufgezogen wurden, woraus sich eine duftende und betörend Farben- und Formenvielfalt ergibt.

Flowers Forever – Blumen in Kunst und Kultur: Bis 27. August, Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, Theatinerstraße 8, München, geöffnet täglich 10 bis 20 Uhr.

Wien: Kunst auch für Kinder

Wer nach Wien fährt, hat die Qual der Wahl, schließlich gibt es hier Sehenswürdigkeiten und Ausstellungen im Überfluss. Allein das Belvedere bietet Programm für Tage – und wartet derzeit in der Sonderausstellung „Kolossal“ mit monumentalen Gemälden im XXL-Format auf. Wer mit Kindern unterwegs ist, sollte eher in die Albertina Modern pilgern, die dem japanischen Künstlerstar Yoshitomo Nara eine große Sonderschau widmet. Sein Markenzeichen sind Kindergesichter mit großen Kulleraugen. Der 1959 geborene Künstler wurde von Popkultur, Comics und Mangas beeinflusst. 1988 kam der Japaner an die Düsseldorfer Kunstakademie, wo er einen ganz eigenen Stil entwickelt hat und eine Mädchenfigur zum Hauptmotiv wurde. Mal schauen diese Kinder grimmig, mürrisch oder abweisend, dann wieder erzählen sie von Furcht und Einsamkeit – und letztlich viel über das Menschsein an sich.

Yoshitomo Nara – All My Little Words: Bis 1. 11., Albertina Modern, Karlsplatz 5, Wien, geöffnet täglich 10 bis 18 Uhr