Die Betriebe in Stuttgart sollen mehr Frauen fördern und auf strikte Neutralität achten. Außerdem sollen Bezüge offengelegt werden.  

Stuttgart - Gegen mancherlei Widerstände hat der jetzt in seinem Amt bestätigte Kämmerer Michael Föll (CDU) eine alte Tradition aufgewertet und ausgebaut: Immer im Herbst legt der Bürgermeister, der nicht nur für die Stadtfinanzen verantwortlich ist, sondern auch für die Eigenbetriebe und die städtischen Beteiligungsunternehmen, dem Rat und der Öffentlichkeit einen umfangreichen, gedruckten Bericht vor. Sein Ziel: "Ich möchte für mehr Transparenz sorgen und die wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen im Konzern Stadt Stuttgart offenlegen und fortschreiben", so Michael Föll.

 

An dieser Grundidee hat sich bis heute nichts geändert, wohl aber der sogenannte Beteiligungsbericht selbst, dessen jetzt erschienene Ausgabe für das Jahr 2010 auf mehr als 300 Seiten angewachsen ist. Alle 35 Eigenbetriebe und Beteiligungsunternehmen der Stadt mit ihren rund 10.500 Mitarbeitern werden darin mit ihren umfangreichen Bilanzen und Besonderheiten, aber auch durch Ausblicke auf die weitere Geschäftsentwicklung vorgestellt.

Für 2010 weist dieser Bericht ein Bilanzvolumen von knapp 4,6 Milliarden Euro aus, dazu Umsatzerlöse über 1,2 Milliarden Euro. Dabei ist wichtig zu wissen: die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), an der die Stadt mit 18,93 Prozent beteiligt ist, wird zwar in dem Bericht aufgeführt, aber von der Gesamtbilanz ausgenommen, um sie nicht zu verfälschen.

Frauenförderung im Konzern Stuttgart

Seit 2006 werden in dem Bericht auch die Bezüge der Geschäftsführer, der Aufsichts- und Verwaltungsräte angegeben - in den ersten Jahren ein heftiger Streitpunkt zwischen dem Kämmerer und einigen der betroffenen Manager. Wiederholt sagte Michael Föll: "Die erste Empörung hat sich gelegt, wer eine Führungsaufgabe im Konzern Stadt Stuttgart übernehmen will, der weiß, dass er mit Steuergeldern umgeht und deshalb eine besondere Verantwortung trägt." Also müsse man es sich auch gefallen lassen, dass jedermann die Höhe der jeweiligen Bezüge nachlesen könne.

Im Zusammenhang mit dem Beteiligungsbericht steht auch die "Public Corporate Governance", frei übersetzt: der Ehrenkodex und die Verhaltensrichtlinien für alle, die bei der Landeshauptstadt beschäftigt oder politisch wie ehrenamtlich tätig sind: vom Gemeinderat über die Bürgermeister und sämtliche Mitarbeiter bis hin zu den Eigenbetrieben und den Unternehmen, an denen die Kommune beteiligt ist.

Am vergangenen Donnerstag hat der Gemeinderat nicht nur den Beteiligungsbericht für das Jahr 2010 gebilligt, sondern auch neue Regeln im Ehrenkodex: Auf allen Ebenen sollen Frauen stärker gefördert und bei der Besetzung von Führungspositionen stärker berücksichtigt werden - so lautet eine der zentralen Forderungen. Aber auch dies wird bindend festgehalten: "Spenden an politische Parteien oder diesen nahestehenden Einrichtungen dürfen nicht gewährt werden."

 Bürgermeister dürfen jetzt bis 68 Jahre im Amt bleiben

Auch zur Altersgrenze für die Manager gibt es neue Regeln: Sie soll künftig 68 Jahre betragen, anstatt 65 Jahre. Dazu der Kommentar des Stadtkämmerers: "Die Bürgermeister dürfen nach dem neuen Landesrecht in Zukunft bis zum 68. Lebensjahr amtieren - analog dazu steigt bei uns die Altersgrenze für die Führungskräfte." Allerdings gelte dies nicht automatisch, sondern nur, wenn die Arbeitsverträge vom Gemeinderat oder den Aufsichtsräten entsprechend verlängert würden.

Und noch eine Besonderheit ist neu im Ehrenkodex: die städtischen Beteiligungsunternehmen sollen keine geschäftlichen Beziehungen zur umstrittenen Scientology Church unterhalten. In diesem Punkt, so der Kämmerer, habe man eine bundesweite Regelung für Stuttgart übernommen.