Die Fehleinschätzung der Abbruchzeit des Stegs und die unzureichende Informationspolitik der Bauverwaltung schaden der Stadt Esslingen ganz erheblich, meint unser Autor Kai Holoch.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Der Vorgang ist zutiefst bedenklich. Wenn der Umgang der Stadt am Wochenende mit dem Abriss des Stegs zur Frauenkirche als Gradmesser für den Zustand der Esslinger Bauverwaltung dienen sollte, dann kann einem angesichts der großen Aufgaben, die auf die Stadt in den kommenden Jahren erst noch zukommen werden – Stichwort: Neubau der drei großen Neckarbrücken – wirklich angst und bang werden. Dieses Mal ging es „nur“ um den Abriss des Stegs zur Frauenkirche, der zumindest kurzfristig zu einem kleineren Verkehrs- und einem noch viel schlimmeren Informationschaos führte.

 

Das Chaos war schon längst perfekt

Geplant war, den Abriss des vermeintlich baufälligen Brückenwerks über den Altstadtring innerhalb von zwei Tagen, am Freitag und Samstag, über die Bühne zu bringen. Schon am Freitagabend hätte aber allen Beteiligten klar sein müssen, dass sich dieses Ziel angesichts des Widerstands, den die Spannbeton-Brücke bei ihrem Abriss leistete, nicht würde halten lassen.

Auch am Montagmorgen türmte sich noch der Schutt auf der Augustinerstraße. Das lag auch daran, dass die Esslinger Baubehörde angeblich bewusst darauf verzichtet hatte, beim zuständigen Landratsamt die notwendigen Genehmigungen für Bauarbeiten am Sonntag zu beantragen. So blieb ein verkehrsarmer Tag ungenutzt.

Da war das Chaos aber schon längst perfekt. Eigentlich hätten schon am Freitag alle Alarmglocken bei der Stadt klingeln müssen. Schließlich hat man im Rahmen des städtischen Baustellenmanagement den Bürgern versprochen, sie bei sensiblen Baustellen über die Fortschritt der Arbeiten auf dem Laufenden zu halten. Und Arbeiten, die den Esslinger Altstadtring, also die wichtigste Verkehrsverbindung in der Stadt blockieren, gehören doch gewiss zu den sensiblen Baustellen.

Auf Mitteilungen wartete man vergeblich

Spätestens am Samstag hätte es deshalb eine Mitteilung geben müssen, dass sich die Bürger auch bis Mittwoch auf die Sperrung des Altstadtrings und die damit verbundenen Verlegungen von Buslinien einstellen müssen. Doch eine solche Mitteilung hat es nicht einmal am Sonntag gegeben. Auch auf der Homepage der Stadt blieb diese Tatsache unerwähnt. Als durchaus bemerkenswert kann man es in diesem Zusammenhang auch bezeichnen, dass die im Tiefbauamt zuständige Mitarbeiterin sich am Samstag erst gegen 17.30 Uhr zum ersten Mal auf der Baustelle zeigte, um sich ein Bild vom zu diesem Zeitpunkt geringen Fortschritt der Arbeiten zu machen.

So blieb auch die Frage unbeantwortet, wie sich die Verwaltung bei der für den Abriss benötigten Zeit derart verschätzen konnte – und ob der Steg mit ein bisschen gutem Willen nicht vielleicht doch noch die kommenden 50 Jahre seine wertvolle Funktion hätte übernehmen können? Und es gibt weitere Fragen: Haben die Berater, die den Abbruch der Brücke empfohlen haben, vielleicht ein gewisses Eigeninteressen an einem Abriss? Etwas weiter gedacht: Ist der Zustand der Neckarbrücken vielleicht gar nicht so dramatisch, wie es von Seiten der Stadt immer dargestellt wird? Für den Gemeinderat lohnt es sich, noch einmal genau nachzuhaken.