Über die Landesstraße durch Steinenbronn rollen in 24 Stunden etwa 13 000 Autos. Die Gemeinde hätte schon längst einen Lärmaktionsplan aufstellen sollen.

Steinenbronn - Eigentlich hätte Steinenbronn, genau wie andere Kommunen in Deutschland auch, ab Juli 2013 einen Lärmaktionsplan aufstellen müssen. Doch das ist bisher nicht passiert. Über diese Pflicht haben die Gemeinderäte am Dienstag während der Sitzung gesprochen. Das Europäische Parlament hat im Juni 2012 eine Richtlinie erlassen, damit Kommunen Lärm reduzieren. Dabei geht es darum, diesen zu erfassen, die Situation zu bewerten und Lärm womöglich zu reduzieren.

 

In Steinenbronn betrifft das die Landesstraße 1208 von Echterdingen nach Waldenbuch, auf der in 24 Stunden etwa 13 000 Autos rollen. Die Gemeinde hat den Plan nicht aufgestellt und sich darauf berufen, dass sie einen Kreisverkehr an der L 1208 auf Höhe der Einmündung Gewerbestraße plant und das Regierungspräsidium den Lärmschutz an der Straße während der Planungsphase für ausreichend hält. Das hat der Ordnungsamtsleiter Simon Römmich 2014 an die Straßenverkehrsbehörde des Kreises geschrieben. Darin steht: „Derzeit besteht keine Notwendigkeit für die Gemeinde Steinenbronn, einen Lärmaktionsplan aufzustellen.“

Der Lärmaktionsplan muss alle fünf Jahre überarbeitet werden

Das sieht man im Ministerium für Verkehr des Landes offenbar anders. Im April 2016 haben deren Mitarbeiter die Gemeinde aufgefordert, einen Lärmaktionsplan zu erstellen. Davon gibt es zwei Arten: einen vereinfachten und einen qualifizierten. Der Erste kommt in Frage, wenn nur wenige oder gar keine Werte von mehr als 65 Dezibel am Tag und 55 in der Nacht gemessen werden. In Steinenbronn ist es entlang der L 1208 lauter, so dass die Gemeinde einen umfangreicheren Plan erstellen muss, der zwischen 10 000 und 15 000 Euro kosten wird. Das Pikante ist, dass im kommenden Jahr neue Daten vorliegen und die Kommune dann damit einen weiteren Lärmaktionsplan erstellen muss. Denn dieser muss alle fünf Jahre überarbeitet werden.

Römmich erläuterte eine Karte, aus der die Lärmbelastung entlang der Landesstraße hervorgeht. Dort, wo diese zwischen 70 und 75 Dezibel beträgt, zieht sich ein lilafarbener Strich durch den Ort. Es folgen braune Streifen mit 65 bis 70 Dezibel, rote, die 60 bis 65 darstellen und orangefarbene, die 55 bis 60 Dezibel zeigen.

Zum Vergleich: Wenn sich Menschen unterhalten, ist das etwa 55 Dezibel laut, Kantinenlärm erzeugt 65 Dezibel und ein Rasenmäher 70 Dezibel.

Vom Straßenlärm von mehr als 65 Dezibel sind in Steinenbronn tagsüber 30 Personen und nachts von Lärm bis 60 Dezibel 43 Personen betroffen.

Es müsse gehandelt werden

Roland Kißling (Freie Wähler) regte sich über die Kosten auf, die zwei Lärmaktionspläne in so kurzer Zeit verursachen: „Das ist absoluter Müll. Wenn wir Zuschüsse vom Land bekommen würden, wäre es okay. Das ist Steuerverschwendung, dafür 15 000 Euro auszugeben.“ Seine Fraktionskollegin Astrid Hagen wunderte sich, dass so lange nichts passiert ist: „Wir hätten den Plan seit drei Jahren haben sollen.“ Auch wenn wenige Personen betroffen sind, müsse gehandelt werden: Römmich sagte, dass das Regierungspräsidium davon abgesehen habe. „Damit sind wir gut gefahren und es hat uns Kosten gespart.“ Er machte deutlich, dass für die wenigen betroffenen Bürger kein Lärmschutzwall gebaut wird. „Wir sollten die Bürger ernst nehmen“, gab Hagen zu bedenken.

Römmich sagte, dass keine Maßnahmen nötig sind. „Es gibt keine Rechtspflicht der Gemeinde zur Lärmminderung und keine Klagemöglichkeit für die Bürger.“ Römmich schlug vor, zunächst einen einfachen Lärmaktionsplan aufzustellen, um nicht zu viel Geld auszugeben. „Wir können die neuen Zahlen noch einspielen.“ Er wies darauf hin, dass dokumentiert sei, welche Kommunen keinen Lärmaktionsplan haben und das Ministerium die Kommunen immer wieder auf den fehlenden Plan hinweist. „Die EU strengt gerade ein Strafverfahren gegen Deutschland an, weil Kommunen solch einen Plan nicht haben.“ Ob Steinenbronn deswegen vielleicht mal Schadenersatz zahlen müsse, wisse er nicht, halte es aber für nicht realistisch.