Die Freien Wähler möchten Hotelgäste in Leinfelden-Echterdingen zur Kasse bitten, wollen dafür aber Gewerbebetriebe von einer Steuererhöhung verschonen.

Leinfelden-Echterdingen - Eine Steuerabgabe in Höhe von 2,50 Euro auf Übernachtungen in Leinfelden-Echterdingen soll der Großen Kreisstadt etwa eine Million Euro Mehreinnahmen in die gebeutelte Stadtkasse spülen. Das haben (wie berichtet) die Freien Wähler bei der Generaldebatte zum Haushalt im Gemeinderat als Antrag formuliert. Sie bieten dies als Kompensation zu der von ihnen abgelehnten Anhebung der Gewerbesteuer an. In der von Oberbürgermeister Roland Klenk vorgeschlagenen Höhe würden ebenfalls eine Million Euro zusätzlich eingenommen. Trotz dieser bereits einkalkulierten Anpassung klafft im Haushaltsplan noch eine siebenstellige Lücke: Zurzeit rechnet der Kämmerer Tobias Kaiser noch mit einem Defizit in Höhe von circa 1,1 Millionen Euro.

 

Vor der in der nächsten Woche anstehenden Beratung der Haushaltsanträge macht Eberhard Wächter von den Freien Wählern deutlich, dass Leinfelden-Echterdingen seiner Überzeugung nach mit der Übernachtungssteuer dem Beispiel anderer deutscher Städte folgen sollte. Er spricht sich klar für die Einführung einer Steuer aus. „Das wäre uns lieber, weil das Geld dort einsetzbar wäre, wo es nötig erscheint.“ Abgaben wie Kurtaxen oder Kulturförderabgaben, die verbreitet verlangt werden, dürfen von den Kommunen aber nur zweckgebunden ausgegeben werden.

Keine Steuerpflicht bei Dienstreisen

Übernachtungssteuern sind freilich juristisch heftig umstritten und für Kommunen, die sie einführen wollen, ein mit Fallstricken durchzogenes Terrain. Zahlreiche Verfahren, mit denen sich Hotels dagegen wehren, sind zurzeit noch bundesweit anhängig. In bereits ergangenen Urteilen unterscheiden die Richter bei der Frage der Zulässigkeit der Übernachtungssteuer vor allem zwischen Privat- und Geschäftsreisenden. Letztere Gruppe sei von derartigen Forderungen auszunehmen, kassierte beispielsweise das Bundesverwaltungsgericht eine Satzung der Stadt Dortmund.

Die Begeisterung der Hoteliers über eine solche Zwangsabgabe hält sich in engen Grenzen – auch in Leinfelden-Echterdingen, wo die politische Diskussion nun aufmerksam verfolgt wird. Jürgen Köhler, Chef des Mövenpick-Hotels am Flughafen, lehnt eine Bettensteuer ab: „Ich wüsste nicht, warum das ein Gast zahlen sollte“, sagt er. Wächter hält dagegen: „Übernachtungsgäste sind Nutznießer unserer Infrastruktur. Die Leute von extern sollen sich an unseren Kosten beteiligen.“

Verständnis für politische Überlegungen

„Wir wollen unsere Hoteliers nicht abzocken“, versichert der Stadtrat. Köhler macht aber auf die besonderen Umstände bei der Steuererhebung aufmerksam. Man müsse von jedem Gast den Reisegrund erfragen und den Nachweis für eine dienstliche Veranlassung einfordern. „Der Aufwand geht ins Unermessliche“, sagt Köhler.

Elouan Pêcheur, Direktor im Echterdinger Parkhotel, äußert hingegen Verständnis für die politischen Überlegungen: „Wir sind nicht glücklich darüber, aber wir verstehen das“, sagt er und betont: „Wir zahlen gern Steuern.“ Der Deutesche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) vertritt jedoch eine entgegengesetzte Linie. Er sieht die Übernachtungssteuer kritisch und äußert sich grundsätzlich: „Wir sind dagegen, dass die Kostenlast der Betriebe weiter erhöht wird“, sagt der Pressesprecher des Landesverbands Baden-Württemberg, Daniel Ohl.

Nicht vertiefend recherchiert

Er sieht in L.-E. „den Aufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag“, weil die Stadt ja „nicht zu den bevorzugten Urlaubsorten im Land gehört.“ Der weit überwiegende Teil der im Jahr 2014 in L.-E. registrierten 440 000 Übernachtungen ist laut Dehoga dienstlich veranlasst. Angaben zu Dienstreisen schwanken bei befragten Hoteliers zwischen 80 und 95 Prozent. Somit würde die erhoffte Millioneneinnahme auf einen niedrigen sechsstelligen Betrag schrumpfen.

Zu den Chancen und Risiken haben die Freien Wähler vorab nicht vertiefend recherchiert. „Da setzen wir auf die Hilfe der Stadtverwaltung“, sagt Eberhard Wächter. „Ich verlasse mich darauf, dass wir eine gute Diskussionsgrundlage erhalten.“ Möglich erscheint, dass die Stadt einen anderen Weg wählt und erst dann ins Detail geht, „wenn wir vom Ausschuss einen Auftrag zur Prüfung erhalten“, sagt Stadtsprecher Klaus-Peter Wagner.