Die Schweizer Finanzministerin Widmer-Schlumpf hat sich in Washington heftige Kritik anhören müssen. Die OECD hält das Engagement ihres Landes im Kampf gegen die internationale Steuerhinterziehung für nicht ausreichend.

Washington - Die Schweiz gerät wegen mangelhafter Kooperation im Kampf gegen Steuerbetrüger erneut in Erklärungsnot. Am Wochenende sah sich die Regierung in Bern von mehreren Seiten Vorwürfen ausgesetzt. Die Ermittlungen gegen den FC-Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß wegen Steuerdelikten lassen darauf schließen, dass in der Schweiz nach wie vor hohe Summen an unversteuertem Geld schlummern. Kritik muss sich die Schweiz auch von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit- und Entwicklung (OECD) anhören, die Richtlinien für den steuerlichen Informationsaustausch von Staaten aufstellt. Die OECD kommt zum Ergebnis, dass sich die Eidgenossen im Kampf gegen Steuerhinterziehung mehr anstrengen müssen.

 

Die OECD führt die Schweiz in einem Bericht von 14 Ländern auf, die internationale Standards zum Informationsaustausch über Steuern nicht erfüllen. Peinlich für die Schweiz ist, dass sie mit Ländern wie Brunei, Panama und den Vereinigten Arabischen Emiraten fast auf eine Stufe gestellt wird. Allerdings macht die OECD deutlich, dass Bern anders als die übrigen 13 Länder auf der Liste auf gutem Weg sei, die Anforderungen zu erfüllen. Die OECD wartet aber noch darauf, dass die Eidgenossen alle Auflagen erfüllen.

Die Finanzministerin muss den Schaden begrenzen

Die OECD hat den Fortschrittsbericht zu den steuerlichen Auskünften bei der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington vorgelegt. Sie will den Druck auf Länder erhöhen, die den Kampf gegen Steuerhinterziehung nicht ernst nehmen. Die Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf reiste eigens nach Washington, um Gespräche zur Schadenbegrenzung aufzunehmen. Sie versprach, dass die geforderten Änderungen bald umgesetzt würden. Darüber werde im Schweizer Bundesrat beraten.

Nach der Einschätzung der OECD hat die Schweiz zwar Fortschritte gemacht, diese genügten aber noch nicht. Nach dem Urteil der OECD hat die Schweiz zwar die rechtlichen Grundlagen geschaffen, um die internationalen Mindestregeln im Kampf gegen Steuerhinterziehung zu erfüllen. Der OECD-Standard sieht beispielsweise vor, dass die Länder ausländischen Behörden Amtshilfe leisten, wenn der Verdacht auf Steuerhinterziehung besteht. Vorgesehen ist zum Beispiel auch, dass ausländische Behörden künftig sogenannte Gruppenanfragen an die Schweiz richten können. Damit ist es möglich, die Offenlegung einer Vielzahl von Konten zu verlangen, die nach einem bestimmten Verhaltensmuster angelegt worden sind. Damit ist es möglich, Informationen über ganze Gruppen von Kontoinhabern in der Schweiz zu erhalten.

Allerdings ist die OECD im Falle der Schweiz noch nicht mit der praktischen Umsetzung der Standards zufrieden. Bern verpflichtete sich darauf, eine bestimmte Anzahl von Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Staaten abzuschließen, die auf der Grundlage der OECD-Leitlinien basieren. Die OECD bemängelt, dass Bern noch zu wenig Doppelbesteuerungsabkommen umgesetzt habe. Darüber hinaus sollen die Eidgenossen auch noch ihre Transparenzregeln für Geldanlagen verbessern.

Auch die EU fordert besseren Informationsaustausch

Auch die EU-Kommission will den Druck auf die Schweiz erhöhen. Brüssel möchte den automatischen Informationsaustausch über Zinseinnahmen unter den EU-Mitgliedstaaten erweitern. Bislang informieren die EU-Länder ausländische Behörden darüber, wenn andere EU-Bürger Zinseinkünfte im jeweiligen Land erzielen. Österreich und Luxemburg machen beim Informationsaustausch bis jetzt allerdings nicht mit, wollen das aber künftig tun.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) setzt sich dafür ein, dass auch Drittstaaten wie die Schweiz künftig automatisch Informationen an ausländische Steuerbehörden weiterleiten. Deutschland will zudem nicht nur Auskünfte über Zinseinnahmen vorzuschreiben, sondern den automatischen Austausch von Informationen auf alle Kapitalerträge auszudehnen. Schäuble hat darüber mit Schweizer Politikern gesprochen. Falls dies Realität würde, wäre es mit dem Schweizer Bankgeheimnis vorbei.