Westliche Kreditinstitute halten sich bei der Finanzierung von Iran-Geschäften zurück, weil sie Sanktionen aus Washington befürchten.

Frankfurt - Sigmar Gabriel war schnell zur Stelle. Kaum hatten die Vetomächte der Vereinten Nationen und auch Deutschland im Sommer vergangenen Jahres ein Atomabkommen mit dem Iran unterzeichnet, schon war der deutsche Bundeswirtschaftsminister mit einer Delegation von Wirtschaftsvertretern vor Ort in Teheran, um dort über die Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen zu verhandeln. Immerhin wird das Handelsvolumen, das mit dem reichen Ölstaat erreicht werden könnte, in den kommenden fünf bis sieben Jahren auf zehn Milliarden Euro taxiert. Und die deutsche Wirtschaft könnte sich von dem Kuchen ein großes Stück abschneiden, immerhin war sie bis vor dem Beginn der Sanktionen gegen das Land einer der wichtigsten Handelspartner. Bis Mitte der siebziger Jahre war der Iran hinter den USA der zweitwichtigste Exportmarkt außerhalb Europas, selbst 2005 noch, dem Jahr vor dem Beginn der Sanktionen, wurden Waren aus Deutschland im Wert von 4,4 Milliarden Euro importiert. Bis 2015 rutschte das Land auf Platz 55 der Exportrangliste ab, die Ausfuhren halbierten sich.

 

Das soll sich jetzt wieder ändern – doch die Banken zögern bei der Finanzierung. Der Hauptgrund dafür ist nach Angaben aus Frankfurter Bankenkreisen, dass die Sanktionen gegen den Iran noch nicht vollständig aufgehoben wurden. Nach wie vor dürfen zum Beispiel amerikanische Banken keine Geschäfte mit iranischen Unternehmen abwickeln. Und weil nicht immer eindeutig zu klären sei, ob iranische Unternehmen in Verbindung zu den Revolutionären Garden stehen, die nach wie vor unter dem Sanktionsvorbehalt der Amerikaner stehen, scheuen sich westliche Geldinstitute, solche Geschäfte zu finanzieren. Immerhin mussten die westlichen Banken in den vergangenen Jahren hohe Strafen für vermeintliche Sanktionsverstöße zahlen, allein die Commerzbank war mit 1,45 Milliarden Euro dabei. Es gebe vor allem noch etliche Unsicherheiten in Verbindung mit fortbestehenden Sanktionen, sagt Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken. Die Beziehungen zum Iran wieder aufzubauen brauche Geduld, meint er.

Zwar unterstützt seit Ende Juni auch die Bundesregierung wieder Exporte in den Iran, weil das Land ausstehende Schulden in Höhe von knapp 600 Millionen Euro zurückgezahlt hat. Seitdem sind auch wieder Exportbürgschaften über den Kreditversicherer Hermes möglich. Dennoch fehle den westlichen Banken das Vertrauen in die Kreditwürdigkeit ihrer iranischen Geschäftspartner, stellt die international tätige Anwaltskanzlei CBBL (Cross Border Business Lawyers) fest. Das schwer kalkulierbare Risiko ergebe sich vor allem aus der bestehenden Unklarheit darüber, welche Geschäfte von der US-Regierung gebilligt würden und welche nicht.

Exporte der Industrie im Südwesten ist etwas gestiegen

Bei den deutschen Unternehmen ist daher inzwischen erst einmal Ernüchterung eingekehrt. Ein Beispiel für stockende Geschäftsbeziehungen ist die iranische Großbestellung von 118 Airbus-Flugzeugen, die wegen ungeklärter Finanzierung auf Eis liegt. Auch beim amerikanischen Flugzeugbauer Boeing haben die Iraner 80 Maschinen bestellt, insgesamt belaufen sich beide Aufträge auf über 40 Milliarden Euro. Doch selbst beim Kreditversicherer Hermes ist man nicht sicher, ob die US-Regierung bei ihrem Kurs bleibt. „Geldverkehr mit dem Iran wird von den USA bisher drastisch geahndet, daran haben sich einige die Finger verbrannt. Deshalb warten alle auf die Amerikaner, hier den ersten Schritt zu tun“, erklärt der Chefvolkswirt von Euler Hermes, Ludovic Subran.

Auf diesen Schritt wartet auch die Industrie im Südwesten Deutschlands. Die Südwest-Exporte seien zwar etwas gestiegen, „aber man hat sich doch mehr versprochen“, sagte der Präsident von Baden-Württembergs Industrie- und Handelskammertag (BWIHK), Peter Kulitz. Ein Grund sei, dass die Iraner weniger Geld für Investitionen hätten als erhofft. Das liege zum Beispiel am niedrigen Ölpreis. Zwar sind die Ausfuhren in den ersten fünf Monaten des Jahres um elf Prozent auf 890 Millionen Euro gestiegen, doch das war deutlich weniger als erwartet. Die Werte verdeutlichten, dass es zwar aufwärts gehe beim Irangeschäft, „aber keineswegs steil nach oben“, so Kulitz. „Da werden wir viel Geduld haben müssen.“

Maschinenbauverband VDMA sieht in fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten ein Problem

Nach Einschätzung von Dietrich Birk vom Maschinenbauverband VDMA sind vor allem fehlende Finanzierungsmöglichkeiten ein Problem. „Beim Irangeschäft kommt es auf die Banken an“, sagt er. „Das Interesse ist sehr groß, es gibt einen regelmäßigen Austausch“, sagt Birk. Die Iraner wollten in die industrielle Wertschöpfung einsteigen und deutsche Maschinenbauer haben einen sehr guten Ruf.

Südwestmetall-Chef Stefan Wolf sieht den Markt hingegen mit Vorsicht: „Der Iran hat ein großes Potenzial, kann aber auch wieder kippen.“

Ein großes Problem ist nach Einschätzung von Kulitz, der Einfluss der Religion: „Wirklich freie Geschäfte sind nach meinem Eindruck schwer möglich. Vielmehr steht der Generalvorbehalt im Raum, dass die Geschäfte im Sinne der Imame seien.“ Dass die Imame iranische Unternehmer so stark an die Kandare nähmen, sei für ihn überraschend. Für Unternehmer aus Baden-Württemberg bedeute dies eine gewisse Unsicherheit bei Exportgeschäften.“