Die knapp fünfjährige Anita Henk war eines der Kinder, das von den Nazis in eine Heilanstalt gebracht wurde und dort im Rahmen der sogenannten Euthanasie starb. Nun soll an ihrem letzten Wohnort in Ludwigsburg ein Stolperstein verlegt werden.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Was bleibt von einem Menschen, dessen Krankengeschichte und Tod dokumentiert sind, wenn niemand diese Akten birgt, wenn keiner die Erinnerungen sammelt und auf diese Weise die Mosaiksteinchen eines ausgelöschten Lebens zu einem großen Ganzen wieder zusammensetzt? Diese Geschichte ist wie viele Stolpersteingeschichten eine der späten Gerechtigkeit – und damit die einer erfolgreichen Gegenwehr gegen das Vergessen. Erinnerungsfetzen Am Anfang standen nur Fragen. „Wäre ich heute noch mit ihr befreundet“, fragt sich etwa die 79-jährige Brigitte Kiesel, wenn sie an Anita Henk, das Mädchen von nebenan, denkt. Sie erinnert sich noch gut an das Kind, mit dem sie Tür an Tür in der Weststadt lebte. Vor allem in Erinnerung geblieben ist Kiesel die blonde Mähne Anitas , die im Gegenlicht immer so hell leuchtete. In dem Flur, der die Wohnungen im Dachstock verband, hat sie mit Anita und ihrer eigenen vier Jahre jüngeren Schwester Lilo immer gespielt. In traumwandlerischer Sicherheit sei die offenbar fast blinde Anita, wie Kiesel erst heute weiß, durch den Gang getobt. Von einer Behinderung haben sie und ihre Schwester nichts bemerkt. Lilo Zillmann fiel höchstens auf, dass Anita ebenso wie sie selbst von der großen Schwester stets fürsorglich beaufsichtigt wurde. Anita, weil sie – wie man heute sagen würde – stark entwicklungsverzögert war, und Lilo, weil sie eben die Kleine war.