Innenminister Reinhold Gall (SPD) präsentiert die Kriminalitätsstatistik: Es hat 2015 im Land erneut mehr Straftaten gegeben. Dennoch steht Baden-Württemberg als das sicherste Land im bundesweiten Vergleich da.

Stuttgart - "Baden-Württemberg ist das sicherste Bundesland in ganz Deutschland.“ Diese Bilanz zog der Innenminister Reinhold Gall (SPD), als er die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2015 präsentierte. Zwar sei die Zahl der registrierten Straftaten auf 617 000 gestiegen (plus vier Prozent) und liegt damit höher als vor zehn Jahren; sie wird aber durch die deutlich gewachsene Zahl der im Land lebenden Menschen relativiert.

 

Die Kriminalitätsbelastung sei mit 5760 Straftaten je 100 000 Einwohner (Vorjahr: 5592) im Ländervergleich am niedrigsten – wobei die Werte von Rheinland-Pfalz, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern noch nicht veröffentlicht sind. In Bayern liege die Kriminalitätsbelastung bei 6350, in Niedersachsen bei 7253, in Nordrhein-Westfalen bei 8603, in Berlin bei 16 414.

Die Aufklärungsquote der baden-württembergischen Polizei habe mit 60,1 Prozent „einen Höchststand der vergangenen zehn Jahre erreicht“, so Gall. Hier rangiert das Land bundesweit auf Platz sechs. Die meisten Länder erreichen Quoten zwischen 55 und 60 Prozent, ergänzte der Landespolizeipräsident Gerhard Klotter.

Das Meiste sind Diebstähle

Bereinigt um Verstöße gegen das Aufenthalts- oder das Asylgesetz habe der Zuwachs an Kriminalität 2,2 Prozent betragen. Die Zahl der Straftaten mit Beteiligung von Asylbewerbern oder Flüchtlingen sei – bedingt durch den hohen Zustrom auf 53 700 Fälle angestiegen. Davon seien aber 42 Prozent ausländerrechtliche Verstöße gewesen.

Zwei Drittel der übrigen rund 31 000 Straftaten waren Diebstahls- sowie Vermögens- und Fälschungsdelikte, darunter vor allem Ladendiebstähle und Schwarzfahren. „Hier zeigen sich aus meiner Sicht die Züge so genannter Armutskriminalität“, sagte der Minister.

Daneben spielten Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit – knapp 5000 Fälle, das sind 15,8 Prozent aller nicht ausländerrechtlicher Verstöße – und Rauschgiftkriminalität (2000 Fälle, 6,6 Prozent) eine wesentliche Rolle. Die meisten Delikte der Körperverletzung und der Drogenstraftaten seien freilich innerhalb von Asylunterkünften registriert worden.

Kriegsflüchtlinge weniger auffällig

Wo Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten wie Syrien, Afghanistan, dem Irak oder Eritrea mit dem Gesetz in Konflikt kommen, tun sie das Gall zufolge meist wegen Verstößen gegen das Ausländerrecht, weniger wegen Delikten der Allgemeinkriminalität.

Etwas anders verhalte es sich bei auffällig gewordenen Asylbewerbern aus Maghreb-Staaten, aus Georgien, Gambia, dem Kosovo und Serbien. Das Strafrecht greife bei ihnen „fernab ausländerrechtlicher Verstöße“. Asylbewerber aus Algerien zum Beispiel stellten mit 14,9 Prozent von allen einer nicht mit dem Asylgesetz zusammenhängenden Straftat verdächtigen Flüchtlinge das größte Kontingent. 2015 hat ihr Anteil an den ins Land gekommenen Flüchtlingen nur 1,6 Prozent betragen.

Gall warnte aber vor unnötiger Angstmache. Der Anteil der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung liege nur bei 0,8 Prozent aller von Asylbewerbern oder Flüchtlingen begangenen Straftaten, die nicht mit ausländerrechtlichen Verstößen zu tun haben. „Wer hier davon spricht, dass Flüchtlinge häufig Sexualstraftaten begehen, der verstärkt bewusst Ressentiments und erschwert die Integration der Schutzsuchenden“, so Gall.

Trendumkehr bei Wohnungseinbrüchen

Von allen 617 000 Straftaten seien ein Drittel Diebstahlsdelikte. Dabei habe es 2015 eine Trendumkehr bei den Wohnungseinbrüchen gegeben. Nach acht Jahren des Anstiegs seien 2015 mit 12 300 knapp zehn Prozent weniger registriert worden. Die Aufklärungsquote habe sich um 3,3 Punkte auf 17 Prozent erhöht. Zugenommen hätten Taschendiebstähle – um 11,3 Prozent auf 11 200 – sowie Ladendiebstähle – um 7,9 Prozent auf 44 200.

Als besonders erfreulich wertet der Innenminister, dass die Zahl junger Gewalttäter weiter abgenommen habe; im Zehnjahresvergleich um 44 Prozent. Einen weiteren Anstieg hat es aber bei Gewalttaten gegen die Polizei gegeben. 1866 Polizistinnen und Polizisten seien zum Teil schwer verletzt worden, 4,6 Prozent mehr als 2014.

Während Gall aus seiner Fraktion Lob erhielt – „Innenminister Reinhold Gall hat die richtigen Akzente gesetzt“, sagte der SPD-Fraktionsvize Martin Rivoir – sieht sich der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke in seinem Verdacht bestätigt. Der Minister habe den Anstieg der Fälle auf rund 600 000 nicht vor der Landtagswahl bekannt machen wollen; auch jetzt, zu Beginn der Osterferien, wolle er das „ohne großes Aufsehen“ öffentlich machen.