Bei der Straßengebühr will der CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer ein Modell wie in der Alpenrepublik. Die wehrt sich allerdings gegen seinen Plan, nur die Ausländer zu belasten.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

Stuttgart - Es wirkt grotesk: einerseits ist man im Wiener Verkehrsministerium stolz, dass Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer ein Pickerl ähnlich dem österreichischen einführen möchte. Andererseits fühlen sich die Österreicher von dem Bayern vor den Kopf gestoßen, weil der mit seiner Pkw-Maut nur die Ausländer zusätzlich belasten, die deutschen Fahrer aber mit einem Rabatt bei der Kraftfahrzeug-Steuer entschädigen möchte. Dies würde andere EU-Bürger diskriminieren, sagt die Wiener Verkehrsministerin Doris Bures. Sie kündigt an, einen solchen Verstoß gegen das EU-Recht zu bekämpfen. Dafür werde man die EU-Gremien nutzen und zur Not auch den Europäischen Gerichtshof anrufen, ergänzt ihre Sprecherin. Klar sei jedenfalls, dass die Rechtsexperten an der Donau zu einer anderen Auffassung gelangt seien als EU-Verkehrskommissar Siim Kallas. Der hatte, wenn auch etwas kryptisch, Ramsauer grünes Licht signalisiert.

 

Ob es zu dem Streit kommt, ist ebenso ungewiss wie der Ausgang der Koalitionsverhandlungen bei dem Thema. Hier Antworten auf die wichtigsten Fragen dazu: Wieso ist Österreich das Vorbild?

Im Berliner Verkehrsministerium gibt es Überlegungen, die Peter Ramsauer immer wieder ventiliert hat. Danach hat das österreichische Pickerl für ihn den Charme, dass es schnell und relativ billig zu realisieren sei. Eingeführt wurde das System in der Alpenrepublik bereits 1997. Jeder Auto- und Motorradfahrer muss seitdem eine Vignette erwerben, um auf Autobahnen unterwegs zu sein. Das kostet einen Pkw-Besitzer für ein ganzes Jahr momentan 80,60 Euro. Die Zehn-Tages-Gebühr schlägt mit 8,30 Euro zu Buche. Ähnliche Summen werden auch in Berlin diskutiert. „Unser Modell ist gerecht, fair, erfolgreich und genießt eine hohe Akzeptanz“, heißt es im Wiener Verkehrsministerium. Eine Art KfZ-Steuer gebe es daneben auch, allerdings gestaffelt nach dem Spritverbrauch. 90 Prozent aller österreichischen Autofahrer kaufen eine Vignette. 519 Millionen Euro nimmt die „Autobahn- und Schnellstraßenfinanzierungsgesellschaft“ damit im Jahr ein. Dazu kommen die 1,1 Milliarden Euro aus der Lastwagen-Maut. Das reicht, um Erhalt, Betrieb und Neubau dieses Fernstraßennetzes komplett zu finanzieren. Allerdings gibt es auf manchen Abschnitten – etwa am Brenner – noch eine zusätzliche Gebühr. Welche Einnahmen erhofft Ramsauer?

Das Verkehrsministerium hält sich bei dieser Frage bedeckt. Es bestreitet, dass es ein ausgefeiltes Konzept gebe. Ramsauer hat allerdings schon vor mehr als einem Jahr gesagt, ein fertiges Papier liege bei ihm in der Schublade. Das Ministerium verweist jetzt nur auf unterschiedliche Studien. Ein Mautbetreiber etwa kalkuliert wohlwollend, dass 800 Millionen Euro erzielt würden – wenn die Jahresvignette 100 Euro kostet und nur Ausländer belastet. Der ADAC meint dagegen, maximal kämen 260 Millionen jährlich in die Kasse. Davon würden 30 Millionen für Erhebung und Verwaltung abgehen. Denn der Anteil ausländischer Personenwagen auf den Autobahnen betrage nur 6,5 Prozent. Angesichts der Milliarden, die nötig seien für die Infrastruktur, stünden Aufwand und Ertrag bei der Pkw-Maut also in keinem Verhältnis. Welche Gebühren gibt es in andernorts?

In vielen Ländern Europas werden Straßengebühren erhoben. Der ADAC listet mehr als 20 Staaten auf, in denen zumindest einzelne Strecken bemautet werden. In der Schweiz etwa kostet eine Jahresvignette 33 Euro. Andernorts – wie auf vielen Autobahnen in Italien – richtet sich der Obolus nach den gefahrenen Kilometern.