Streit um Flugrouten Bolay sieht Erweiterung der Fluglärmkommission skeptisch

Umwelt und Flugverkehr stehen nicht immer in einem guten Verhältnis. Was den Flughafen in Stuttgart betrifft, wird derzeit heftig über Flugzeuglärm diskutiert. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Die Entscheidung über neue Flugrouten auf den Fildern ist vertagt. Ein Gutachten soll den Streit zwischen den Kommunen entschärfen. Christof Bolay, der Vorsitzende der Fluglärmkommission, sieht eine Erweiterung des Gremiums indes skeptisch.

Esslingen - Am kommenden Dienstag tagt die Fluglärmkommission. Eine Empfehlung für neue Flugrouten wird es an diesem Tag entgegen dem ursprünglichen Plan jedoch nicht geben – Kommunen und Bürgerinitiativen drängen darauf, erst Antworten auf Fragen zu bekommen, die aus ihrer Sicht ungeklärt sind. Es stehen also Hausaufgaben an. Aber was wird bis wann gelöst? Und überhaupt: Wie geht es weiter im Streit der Kommunen?

 

Ursprünglich wollte die Fluglärmkommission am kommenden Dienstag eine Empfehlung abgeben. Auf Ihren Vorschlag hin wurde die Entscheidung vertagt. Eine Reihe von Fragen sollen noch erörtert und geklärt werden. Welche Aspekte werden denn jetzt zur Sprache kommen und gegebenenfalls schon geklärt werden?

Im Vorfeld sind von einigen Kommunen Fragen gestellt worden, zum Beispiel zur Lärmentwicklung und -verteilung. Auch formale Fragen, die das Verfahren betreffen. Ich gehe davon aus, dass die Deutsche Flugsicherung auf viele dieser Fragen am Dienstag konkrete Antworten geben kann. Da wird sich vieles ausräumen lassen. Wir haben ja an manchen Stellen weniger ein Informationsdefizit als ein Akzeptanzdefizit.

Können Sie Beispiele nennen?

Die Höhenentwicklung ist wichtig, also in welcher Höhe die Flugzeuge fliegen. Auch die Frage der Sicherheit der Route wird eine Rolle spielen. Dann ist da noch die Frage, ob es notwendig sein sollte, den Planfeststellungsbeschluss des Flughafens anzuschauen.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Streit um neue Flugrouten vertagt

Gefordert wurde auch, ein Gesamtlärmgutachten zu erstellen. Wer macht das? Was fließt da ein?

Das Land hat ja angekündigt, dass es bereit ist, ein Drittel der Kosten für ein Fluglärm-Gutachten zu übernehmen. Das bedeutet aber, dass zwei Drittel der Kosten noch offen sind. Auch darüber wird zu sprechen sein. Das Verkehrsministerium wird einen Vorschlag machen, wie so ein Gutachten erstellt werden kann. Über diesen Vorschlag werden wir ebenfalls am Dienstag beraten.

Versprechen Sie sich etwas von dem Gutachten?

Ich glaube schon, dass ein Gutachten helfen kann, Dinge aus einer neutralen Position zu betrachten. Denn das ist ja ein Kritikpunkt, dass die bisherigen Lärmberechnungen nicht neutral seien. Ein Standpunkt, den ich im Übrigen nicht teile. Aber wenn so ein Gutachten hilft, dass die Zahlen akzeptiert werden, dann ist das Geld, das es dafür braucht, gut angelegt, und die Zeit, die es braucht, gut genutzt.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Beim Fluglärm darf es kein Tabu geben

Wie lange wird es dauern, bis das Gutachten vorliegt?

Ich möchte die nächste Sitzung der Kommission auf Februar, März legen. Bis dahin sollte das auch vorliegen.

Der Streit um die Flugroute entzweit die Kommunen im Neckartal und auf den Fildern. Bekommen Sie das bei den Begegnungen mit Ihren Kollegen zu spüren?

Natürlich spielt das in den Gesprächen mit den Kollegen eine Rolle. Aber die allermeisten können mit dieser Frage sehr professionell umgehen. Diejenigen, die das nicht so können, müssen das für sich selber entscheiden. Ich kann mit der Situation gut leben.

Es wurde kritisiert, dass die Sitzungen der Kommission so lange nicht öffentlich gelaufen sind. Auch die Protokolle wurden nicht veröffentlicht. Das steht auch so in der Geschäftsordnung. Dennoch: Könnten Sie sich vorstellen, dass sich das ändert?

Geschäftsordnungen sind nicht die Zehn Gebote. Allerdings kenne ich bislang auch noch keinen Antrag auf eine Änderung der Geschäftsordnung.

Und Sie selbst, wie stehen Sie dazu?

Manchmal hilft es einer sachlichen Diskussion, wenn Themen nicht öffentlich besprochen werden. Wir erleben ja gerade eine Emotionalisierung, und ich glaube, dass das der Sachfrage, über die wir uns unterhalten, nicht guttut.

Es gibt noch den Vorschlag, weiteren Kommunen mehr als nur ein Gastrecht einzuräumen und die Kommission mit weiteren Bürgermeistern zu erweitern. Was halten Sie davon?

Bei den Mitgliedern der Kommission sind nicht nur Kommunen dabei. Aber es ist nicht die Aufgabe des Vorsitzenden, die Kommission zu berufen. Das macht das Verkehrsministerium nach bestimmten Regularien und Lärmbetroffenheiten. Wenn diese Regeln auch weiterhin gelten, dann wird es keine Erweiterung der Kommission geben.

Und wie ist Ihre Position?

Die Kommission ist in ihrer Zusammensetzung arbeitsfähig und deshalb ausreichend groß.

Die Kommission und ihr Chef

Fluglärmkommission
Das Gremium berät die für den Luftverkehr eigentlich verantwortlichen Behörden des Bundes, die schlussendlich auch über Flugrouten entscheiden.

Christof Bolay
Vorsitzender des Gremiums ist seit 2009 Christof Bolay. Bolay, Jahrgang 1968, ist seit 2005 Oberbürgermeister der Stadt Ostfildern.

Weitere Themen