Im Ältestenrat wurde über die Sinnhaftigkeit von Menstruationsprodukten in Männertoiletten für Transmenschen diskutiert. An der Uni Stuttgart ist man schon weiter.

Der kleinlich anmutende Streit um kostenlose Angebote an Menstruationsprodukten in den Toiletten des Stuttgarter Rathauses und der Bürgerbüros hat öffentliches Interesse an dieser Aktion geweckt. Nach der Kritik daran von OB Frank Nopper (CDU) und CDU-Fraktionschef Alexander Kotz gaben sich Kamerateams die Klinken der Männertoilettentüren in die Hand, weil eben auch dort die Tamponspender an der Wand hängen. So sollen auch Transmenschen Zugang zu diesen nicht für jede erschwinglichen Produkten bekommen.

 

Auf der politischen Ebene ging es im Ältestenrat am Donnerstag um das Verhalten des OB, der sich nach einem Bericht in der Bildzeitung veranlasst sah zu erwähnen, dass er gegen die Aktion gewesen und im Gemeinderat überstimmt worden sei. Alexander Kotz sprach von „grünem Wahnsinn“, der sofort beendet werden müsste. Im Ältestenrat beklagte sich wiederum der OB über den Linken-Stadtrat Luigi Pantisano, der Nopper einen „Spalter und Hetzer“ genannt hat und ihm Versagen auf allen Ebenen vorwarf. Hannes Rockenbauch vom Linksbündnis hätte Nopper zwar so nicht beschrieben, er weist allerdings darauf hin, dass dessen Vorwurf, eine Ratsmehrheit mache Politik für Minderheiten, auf ihn selbst zutreffe – etwa, wenn er einen Deal mit dem Immobilienmogul René Benko durchziehe und wichtige Themen zur „Chefsache“erkläre.

Uni Stuttgart als Vorreiter

Das Thema Tamponspender gegen Periodenarmut ist in Stuttgart gar nicht so neu, dass man in Aufregung verfallen müsste. Die Studierendenvertretung der Universität Stuttgart (Stuvus) hatte – animiert von vergleichbaren Aktionen in anderen Städten und Ländern – schon im vergangenen Jahr die Idee, für betroffene Studierende Menstruationsprodukte kostenlos zur Verfügung zu stellen und führte dafür einen Pilotversuch durch. Dazu wurden an der Uni Tampons und Binden angeboten – und zwar auf Frauen- wie Männertoiletten. „Wir wollten explizit auch auf den männlichen Toiletten Periodenprodukte anbieten, denn auch männliche Studierende können menstruieren“, so Projektleiterin Felicitas Leese.

Für die Studierenden sei der Gebrauch von Hygieneprodukten während der Menstruation genauso allgegenwärtig wie der Gebrauch von Klopapier oder Seifen und Desinfektionsmittel. Dennoch müssen menstruierende Personen sich selbst um die Versorgung mit diesen Produkten kümmern. Nicht alle könnten sich diese aber leisten. Die Pilotphase sei erfolgreich gewesen, die in einer Umfrage ermittelte Resonanz fast ausschließlich positiv. Die Aktion wird fortgesetzt, die Uni-Leitung hat dafür Geld zur Verfügung gestellt. Andere Universitäten hätten sich interessiert gezeigt und strebten vergleichbare Aktionen an, wie auch längst in vielen Rathäusern im Land Hygieneprodukte angeboten werden.

Nichts Kleingedrucktes im Antrag

CDU-Chef Alexander Kotz ist nach seiner heftigen Kritik prompt auf die Zustimmung seiner Fraktion zum Antrag der Grünen im Rahmen der Haushaltsberatungen hingewiesen worden. Er führte aus, damals davon ausgegangen zu sein, dass die Hygieneartikel nur auf Frauentoiletten verteilt würden. Kleingedrucktes gab es damals aber nicht: Gefordert wurde im Antrag, „die Toiletten im Stuttgarter Rathaus und sämtlichen Bürgerbüros mit Tampons und Binden in Bio-Qualität auszustatten“.

In der von OB Nopper unterschriebenen Stellungnahme zum Grünen-Antrag (1207/21) wurde die Frage „nach der Wirkung und Sinnhaftigkeit der Maßnahme“ gestellt, gebe es doch „im Hinblick auf die Nutzung von Menstruationsprodukten eine Vielfalt an individuellen Bedarfen und Empfindlichkeiten“. Dieser könne man mittels einheitlicher Produkte nicht gerecht werden. „Gleiches vertritt auch das Schulverwaltungsamt im Hinblick auf die Bereitstellung in Schulen.“

Puls wollte Schultoiletten ausstatten

Der Hinweis galt der Fraktionsgemeinschaft Puls. Sie hatte mittels Ergänzungsantrag die Aktion auf Schultoiletten ausdehnen wollen, da auch dort Periodenarmut herrsche. Stadträtin Ina Schumann zeigt sich jetzt enttäuscht vom OB, der sich doch um alle Stuttgarter kümmern sollte, wie auch das Rathaus und seine Toiletten ein Anlaufort für alle seien. Sie hatte gehofft, „dass man sich als OB ändert, wenn man einmal im Amt sei“. Bei Nopper fühle es sich aber so an, als sei er immer noch im Wahlkampf.