Die Gemeinde Gaiberg will mit Hilfe des Paragrafen 13a das Verbot des 13b aushebeln. Das sorgt für heftigen Unmut bei Umweltschützern.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Das Urteil hat vor allem kleinere Kommunen schwer getroffen. Im Sommer hatte der Bundesverwaltungsgerichtshof in einem Musterprozess gegen die nahe Heidelberg gelegene 2500-Einwohner-Gemeinde Gaiberg (Rhein-Neckar-Kreis) entschieden, dass sich der Paragraf 13b des Baugesetzbuches nicht mit europäischen Recht vereinbaren lässt – und ihn deshalb für ungültig erklärt. Der Paragraf erlaubte eine beschleunigte Aufstellung von Bebauungsplänen für Freiflächen mit bis zu 10 000 Quadratmetern im Außenbereich. Im beschleunigten Verfahren durfte vor allem auf eine Umweltprüfung und einen Umweltbericht verzichtet werden.

 

Dass Gaiberg nun versucht, um – je nach Sichtweise – das Beste aus dem Urteil herauszuholen oder es schlicht auszuhebeln, sorgt für Ärger. Denn um die Arbeiten im Baugebiet mit dem schönen Namen Oberer Kittel/Wüstes Stück auch ohne Umweltprüfung fortsetzen zu können, will die Gemeinde den mittlerweile rechtswidrigen Bebauungsplan in ein Verfahren nach Paragraf 13a überführen.

Wie wird aus einem Außen- ein Innenbereich?

Der Paragraf 13a regelt aber - anders als der Paragraf 13b - Bauvorgaben für den Innenbereich von Siedlungen. Sein Ziel ist es, die Nachnutzung und Nachverdichtung in bereits bebauten Gebieten zu ermöglichen, um so den Flächenverbrauch am Rande von Siedlungen zu minimieren. Die spannende Frage ist, wie plötzlich aus einem Wohngebiet, das auf einer ehemaligen Streuobstwiese am Ortsrand am Entstehen ist, eine innerörtliche Fläche werden soll? Für die Gaiberger Bürgermeisterin Petra Müller-Vogel ist das kein Problem: „Mittlerweile ist das Gebiet zu 70 Prozent bebaut. Deshalb kann man die dort noch nicht bebauten Flächen als Teil der Innenverdichtung sehen.“ Man habe das rechtlich prüfen lassen. Der BUND Baden-Württemberg kritisiert dieses Vorgehen scharf: „Es ist ein Skandal: Ein Rechtsverstoß darf nicht durch einen weiteren Rechtsverstoß geheilt werden“, sagt Sylvia Pilarsky-Grosch, BUND-Landesvorsitzende. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Paragraf 13a des Baugesetzbuchs in sein Gegenteil verkehrt und rechtswidrige Bauprojekte ohne Umweltprüfung legitimiert werden.“ Sie behält sich rechtliche Schritte vor.

„Immerhin ist es einen Versuch wert“

Der Chefplaner der Region Stuttgart, Thomas Kiwitt, ist gespannt, ob der Gaiberger Vorstoß erfolgreich sein wird: „Klar ist, dass es gerade in Gemeinden, in denen schon gebaut worden ist, jetzt darum gehen muss, vernünftige und pragmatische Lösungen auch für die Bauherren zu finden.“ Ob allerdings der Versuch, dabei über den Paragrafen 13a zu gehen, vor Gerichten Bestand haben werde, bleibe abzuwarten. Kiwitt: „Immerhin ist es einen Versuch wert.“