„Scheherazade“ nennt Gustav Reinhardt seine Skulptur, einst geschaffen für das Foyer des Korntaler Rathauses. Doch dort wusste man mit dem Kunstwerk nichts mehr anzufangen – und verlegte es auf eine Wiese vor der Teichwiesenschule. Jetzt ist der Künstler sauer.

Korntal-Münchingen - Auf der Wiese, direkt vor dem Eingang der Teichwiesenschule, befindet sich seit geraumer Zeit ein kupferbraunes Stahlobjekt, das zum Teil schon in der Erde versunken und hier und da mit Schmutz verschmiert ist. Passanten und vor allem Schüler haben sich womöglich gefragt, woher es kommt und wer es dort platziert hat – vielleicht sind sie auch einfach daran vorbeigelaufen, ohne es je überhaupt bemerkt zu haben.

 

Jetzt, wo sprichwörtlich bereits das Gras über die Sache wächst, hat sich herausgestellt, dass das Objekt eigentlich ein Kunstwerk ist und einst von einem Korntal-Münchinger Künstler geschaffen wurde. Gustav Reinhardt, inzwischen ansässig in Berlin – also so weit weg, dass er lange Zeit gar nicht mitbekommen konnte, was aus seiner Skulptur geworden ist – erhielt den Hinweis erst von Freunden aus dem Korntaler Kunstverein. Sie erzählten ihm, dass sein Werk sich nicht mehr im Rathaus befindet. Dort stand es lange im Foyerbereich. Seit 1982.

Reinhardt wartete. Und wartete.

Reinhardt ließ das nicht lange auf sich sitzen und schrieb einen Brief an die Korntal-Münchinger Verwaltung: Da er nun von mehreren Leuten darauf angesprochen worden sei, möchte er die Stadt bitten, „die Skulptur adäquat zu präsentieren, indem sie auf eine Fundamentplatte gestellt und darauf verankert wird“.

Der Berliner stört sich vor allem an der Präsentation seines Kunstwerks, das nicht wie andere Skulpturen auf einer „artikulierten Grundfläche“ steht. „Wie jedes Gemälde einen Rahmen benötigt, braucht auch jede Skulptur ein angemessenes Fundament“, sagt Reinhardt. Er verweist auf seine anderen Werke, die unter anderem von dem in Fachkreisen bekannten Kunstsammler Ottomar Domnick aus Nürtingen aufgekauft wurden. Er bezeichnet die Art und Weise, wie seine Skulptur in Korntal präsentiert wird, als „weit unter Wert“.

Der Künstler bot der Stadt sogar seine Mithilfe an und war bereit, ein kleines Informationsschild mit entsprechenden Angaben zu dem Kunstwerk zu schicken.

Reinhardt wartete. Und wartete. Eine Antwort aber erhielt er nicht. Erst auf eine Anfrage dieser Zeitung bei der Stadt reagierten die Mitarbeiter im Rathaus. Die Antwort: Offenbar, so Klaus Freitag, der Sachgebietsleiter für Bildung, Sport, Kultur, sei man im Zuge der turnmäßigen Sicherheitsbegehungen der städtischen Objekte zu der Erkenntnis gekommen, dass dieses „relativ scharfkantige Kunstobjekt“ im Foyer des Korntaler Rathauses mit hohem Besucheraufkommen inklusive kleiner Kinder, insbesondere für „kletternde Kinder“, ein Sicherheitsrisiko darstellen könnte.

Der Künstler stört sich an der Präsentation seines Kunstwerks

Das Problem: Das scharfkantige Kunstobjekt befindet sich nun vor einer Schule – also dort, wo viel mehr Kinder unterwegs sind. Der damalige Vorsitzende des Kunstvereins und Schulleiter des Korntaler Gymnasiums, Götz Heim, habe seinerzeit – vermutlich in den Jahren 2002 oder 2003 – den Zugangsbereich seiner Schule als geeigneten Standort für diese Skulptur angesehen, sagt Freitag. „Und seitdem befindet sich diese dort.“

Die Stadtverwaltung will nun mit dem Gymnasium über den weiteren Verbleib der Skulptur sprechen. Auch die Frage nach einem geeigneten Fundament wolle man erörtern, so Freitag – „selbstverständlich gerne im Austausch mit Herrn Reinhardt.“

Reinhardt nimmt Korntal-Münchingen vor allem als Schulstadt in die Pflicht. „Das ist Kunst, und das liegt einfach im Gras. Das sollte den Kindern anders präsentiert werden, damit sie kein falsches Bild von Kunst haben“, sagt Reinhardt. Die Skulptur trägt den Titel „Scheherazade“ und soll eben jene Tochter des Wesirs aus der Geschichte von 1001 Nacht verkörpern, die eine Geschichte erzählt und nicht aufhören darf, da sie sonst vom persischen König getötet wird. „Das ist eine Metapher für das Leben, dass man immer weiter machen muss“, sagt Reinhardt. Auch die Geschichte um seine Skulptur scheint kein Ende zu nehmen. Denn die Ankündigung der Stadt, sich mit dem Künstler in Verbindung zu setzen, ist inzwischen knapp drei Wochen alt. Reinhardt wartet weiter.