Die Prämissen, die der Fahrplansimulation zugrunde liegen, sind nicht geklärt. Deshalb lehnt das Aktionsbündnis den Präsentationstermin ab.
Stuttgart - Der Zeitpunkt für die für den 14. Juli vorgesehene Präsentation des Stresstests ist seit Montag ungewiss. "Der Termin ist offen, aber nicht in Frage gestellt", erklärte der Schlichter Heiner Geißler am Montagnachmittag im Landtag nach dem Ende einer gut zweieinhalbstündigen Vorbesprechung. An dieser hatten unter Geißlers Leitung neben der Bahn und dem Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 auch Verkehrsminister Winfried Hermann sowie Vertreter der Stadt Stuttgart und der Region teilgenommen.
Heiner Geißler kündigte im Landtag an, dass es am Donnerstag und gegebenenfalls auch am Freitag dieser Woche weitere Vorgespräche geben werde. "Dabei geht es in erster Linie um die inhaltlichen Prämissen, die dem Stresstest zu Grunde liegen", so der Schlichter. Die Bahn müsse nachweisen, dass der Tiefbahnhof bei guter Betriebsqualität in der Spitzenstunde um 30 Prozent leistungsfähiger als der bestehende Kopfbahnhof sei. Geklärt werden muss zudem, welchen Fahrplan die Bahn für den Stresstest zu Grunde gelegt hat.
Das Aktionsbündnis fordert mehr Zeit
Die für den 14. Juli vorgesehene Präsentation der Ergebnisse des Stresstests durch die Schweizer Firma SMA ist laut Geißler zeitlich offen. "Dem Aktionsbündnis, das alle Unterlagen zum Stresstest vor ein paar Tagen erhalten hat, muss genug Zeit gegeben werden, um die 160 Seiten zu analysieren und zu bewerten. Ich würde es sehr begrüßen, wenn das Aktionsbündnis bei der Präsentation dabei wäre", erklärte Geißler.
"Der 14. Juli ist für uns nicht haltbar", sagte dagegen die Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Brigitte Dahlbender, "wer eine qualitative Debatte über die Berechnungen der Bahn will, der muss den Gegnern mehr Zeit geben." In einem weiteren Vorgespräch müsse man sich nun erst einmal "über die Prämissen unterhalten", die die Bahn ihrem Fahrplan zugrunde gelegt habe. So wolle das Aktionsbündnis zum Beispiel genau analysieren, welche Haltezeiten im Tiefbahnhof die Bahn ihrer Berechnung zugrunde gelegt hat. So sei etwa in der Schlichtung gefordert worden, dass der Tiefbahnhof in der Spitzenstunde, also morgens zwischen 7 und 8 Uhr, um 30 Prozent leistungsfähiger sein müsse als der Kopfbahnhof. Tatsächlich aber habe die Bahn ihre Fahrplansimulation nach der Stuttgart21 den Stresstest bestehen würde, für die Zeit zwischen 6 und 10 Uhr vorgenommen. Laut Klaus Arnoldi vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) benötigten die Projektkritiker mindestens drei Wochen Aufschub.
1,9 Milliarden teurer als geplant
Der Tübinger OB Boris Palmer (Grüne) zeigte sich zufrieden darüber, dass dem Aktionsbündnis weitere Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. "Wir wissen ja gar nicht, welche Parameter die Bahn verwendet hat", sagte Palmer. In den zusätzlichen Sitzungen werde man nun versuchen herauszubekommen, "was die Bahn überhaupt gemacht hat".
Die Bahn selbst äußerte sich am Montagnachmittag nicht zu der vom Aktionsbündnis angestrebten Terminverschiebung. "Sie war darüber nicht gerade erfreut", sagte Brigitte Dahlbender. Man habe aber gute Argumente dafür vorbringen können, sodass sich die Bahn der Terminverschiebung, die auch Heiner Geißler nicht völlig ausgeschlossen hat, wohl nicht verschließen werde. Nach StZ-Informationen hat Bahnvorstand Volker Kefer jedenfalls eine Verschiebung nicht grundsätzlich abgelehnt.
Die im Magazin "Der Spiegel" erhobenen Vorwürfe, dass die Bahn längst wusste, dass Stuttgart 21 deutlich teurer werde als vor Jahren offiziell angegeben, sei bei dem gestrigen Treffen "kein Thema" gewesen, hieß es. Die Projektgegner sehen sich durch die Veröffentlichung aber bestätigt in ihrem Verdacht, dass die Bahn über lange Zeit intern von deutlich höheren Projektkosten ausgegangen sei. Nach einem Gutachten des BUND werde das Projekt um etwa 1,9 Milliarden Euro teurer als bisher angegeben, betonte Dahlbender.