Damals sei es der Hälfte der Befragten nach eigenen Angaben schwergefallen, sich zu entscheiden. Das hat sich nun gründlich geändert: Der Anteil der unentschlossenen Wähler hat sich verringert, der Entscheidungsprozess "kommt eine Woche vor der Wahl zum Ende", sagt Faas. Dabei habe das TV-Duell von Ministerpräsident Stefan Mappus (CU) und dem SPD-Spitzenkandidaten Nils Schmid keine nennenswerte Auswirkung gehabt: Keiner der beiden Kandidaten sei am vergangenen Mittwoch eingebrochen, beide hätten sich im Einklang mit den Erwartungen befunden. Doch für eine zusätzliche Mobilisierung sei die Reichweite mit 500.000 Zuschauern einfach zu gering gewesen.

 

Anders sieht es bei der Kernkraft aus. Dieses Thema habe die Positionen verschoben. Mehr Menschen sehen die Kernkraft seit den Ereignissen in Japan kritisch, dass die Parteien sich in dieser Frage bewegt haben, werde ebenfalls wahrgenommen. Allerdings habe die schnelle Abschaltung der alten Reaktoren auch dazu geführt, dass gerade CDU und FDP ein "Glaubwürdigkeitsproblem" hätten, erläutert Faas. Sie gelten vielen Befragten als "eher unglaubwürdig", ganz im Gegensatz zu den Grünen, die sich beim Thema Atomkraft auf ihrem "Kernterritorium" bewegten. Das habe sich auch bei der Wahl in Sachsen-Anhalt gezeigt, bei der die Grünen ihren Stimmenanteil nahezu verdoppelt haben. Damit werde deutlich, dass das Atomthema vor allem grüne Wähler mobilisiere. Das könne sich auch auf die Wahlbeteiligung auswirken. Faas rechnet mit einem Wert von 60 bis 65 Prozent. Die Kernkraft habe momentan einen ähnlich hohen Stellenwert wie noch Ende 2010 das Thema Stuttgart 21. Damals galt der Tiefbahnhof als wahlentscheidendes Thema, seit der Schlichtung habe es an Bedeutung verloren. "Man sieht das Thema nicht mehr über die Stadt hinaus", sagt Faas.

Überschätzt werde auch die Bedeutung des Internets, meint der Juniorprofessor. Meist werde der "klassische Wahlkampf" lediglich von Aktivitäten im Netz flankiert. Dabei gehe es aber eher darum, dass die Parteien ihren Wahlkampf organisieren, als dass es einen echten Austausch mit den Wählern gebe. "Für die Breitenwirkung ist das Internet nachrangig", findet Faas.