Die Deutsche Bahn warnt bei Stuttgart 21 vor hohen Zusatzkosten, wenn die Bauarbeiten nicht bald weitergingen. Auch der Preis für den Ausstieg sei hoch.
Stuttgart - Die Deutsche Bahn hat sich am Donnerstag nicht auf die Post verlassen wollen und deshalb einen Boten mit der wichtigen Depesche zum Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) geschickt. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung dringt die Bauherrin von Stuttgart 21 darin auf eine rasche Zusammenkunft des Lenkungskreises von Bahn, Land, Stadt Stuttgart und Region, um über das weitere Vorgehen bei dem Projekt zu sprechen. Spätestens in der übernächsten Woche müsse sie stattfinden. So lange will die Bahn den Bau- und Vergabestopp aufrechterhalten. Eine Verlängerung auf ihre Kosten bis Juli oder gar Oktober komme aber schon aus aktienrechtlichen Gründen nicht in Frage. Andernfalls laufe man Gefahr, dass der verbliebene Risikopuffer von 438 Millionen Euro aufgebraucht und die Gesamtkosten für den Bau des Bahnhofs von 4,52 Milliarden Euro überschritten würden.
Nicht erklärt wird in dem Schreiben offenbar, wie sich die Teuerung berechnet. Während der Schlichtung von Heiner Geißler hatte der Technikvorstand der Bahn, Volker Kefer, die zusätzlichen Projektkosten bei einer Bauzeitverlängerung von einem Jahr noch auf 40 Millionen Euro beziffert – also nur ein Zehntel der Preissteigerung genannt, die dem Vernehmen nach jetzt in den Raum gestellt wird. Bahnchef Rüdiger Grube hatte wiederum wiederholt die Verzugskosten pro Monat mit zehn Millionen Euro beziffert.
Grünen rechnen mit "Nullsummenspiel"
Der neue Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nimmt dem Bahn-Chef auch nicht ab, dass im Zusammenhang mit einem Projektabbruch von Stuttgart 21 Gesamtkosten von 1,522 Milliarden Euro auflaufen könnten. Dieser Betrag enthält nämlich auch die Kosten für einen Stopp des Baus der Neubaustrecke, der für die Regierung aber gar nicht zur Debatte steht, und kalkuliert mit der Rückabwicklung des Grundstücksgeschäfts mit der Stadt im Umfang von 743 Millionen Euro. Unerwähnt bleibt in diesem Zusammenhang stets, dass der Grundstücksdeal nur die Liquidität der Bahn beeinträchtigt, nicht aber ihr Vermögen, da der Konzern als Gegenleistung für die Rückzahlung des 2001 geflossenen Kaufpreises von 459 Millionen Euro seine Gleisflächen zurückerhielte. Den zusätzlich zu leistenden Zinszahlungen an die Stadt (etwa 5,5 Prozent pro Jahr) stehen die seit 2001 aufgehäuften Zinserträge der Bahn gegenüber – nach Ansicht der Grünen ein „Nullsummenspiel“.