Weder der Stuttgarter OB Fritz Kuhn noch ein anderer Vertreter aus dem Rathaus folgen der Einladung der Bahn, die am 4. Dezember den ersten Anstich eines Stuttgart-21-Tunnels in der Stadt feiert. Für die Bahn ist das schwer nachvollziehbar.

Stuttgart - Überall auf der Welt ist der 4. Dezember ein ganz besonderer Tag für die Tunnelbauer: der Gedenktag der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin aller Bergleute und Mineure. Just an diesem Tag soll nun der erste Anstich eines Stuttgart-21-Tunnels auf dem Gebiet der Landeshauptstadt gefeiert werden, der Verbindung zwischen dem neuen Tiefbahnhof und Untertürkheim, was das anstehende Ereignis für die Beteiligten wohl zu einer einmaligen Angelegenheit machen wird: einer Tunnelfeier am Barbara-Tag.

 

Geladen sind dazu wie bei solchen Anlässen üblich vor allem hochrangige Vertreter aus der Politik, die im Falle der Stadt Stuttgart nun allerdings der Deutschen Bahn als Bauherrin eine Absage erteilt haben. Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) könne nicht kommen, weil er einen Termin außerhalb der Stadt habe, der schon seit Monaten feststehe, erklärt der Stadtsprecher Andreas Scharf auf Anfrage. Die versammelte Bürgermeisterriege sei an diesem Tag ebenfalls verhindert, weil am 4. Dezember der Verwaltungsausschuss tage und die heiße Phase der Haushaltsberatungen erreicht sei, so Scharf. Dabei seien die Bürgermeister gefordert. Der Termin sei im Vorfeld nicht abgestimmt worden, so Andreas Scharf. Daher sei es nun zu dieser Überschneidung und den Absagen gekommen: „Die Entscheidung hat nichts mit dem Projekt zu tun.“

Ein SSB-Vorstand vertritt die Stadt Stuttgart

Dass ausgerechnet die Landeshauptstadt als Projektpartnerin keinen hochrangigen Vertreter aus dem Rathaus zu dem symbolischen Festakt auf eigenem Grund und Boden schickt, ist für die Bahn nur schwer nachzuvollziehen, wie der Stuttgart-21-Sprecher Wolfgang Dietrich betont. „Wir sind sehr enttäuscht, dass offenbar weder der Oberbürgermeister noch einer der Bürgermeister Zeit für dieses bedeutende Ereignis in Stuttgart findet.“ Immerhin sei Stuttgart 21 ein Jahrhundertprojekt, ganz egal, wie man dazu stehe. Das Kommunikationsbüro habe bereits am 30. September zu dem Tunnelanstich eingeladen und die Stadt über den Festakt informiert. Es sei also genug Zeit gewesen, so Dietrich, einen Vertreter für den Oberbürgermeister zu finden.

Angedacht gewesen war seitens der Stadtverwaltung zunächst offenbar, Stuttgarts Ordnungsbürgermeister Martin Schairer auf die Gästeliste der Bahn setzen zu lassen. Doch auch sein Name ist wieder gestrichen worden. Stattdessen soll nun Reinhold Bauer, Vorstandssprecher der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB), die Landeshauptstadt offiziell vertreten und als einer der Festredner den ersten Tunnelanstich bei dem Jahrhundertprojekt auf Stuttgarter Boden begleiten.

Die Daimler-Führungsetage hat zugesagt

Für die Bahn selbst wird bei der Tunnelfeier unter anderem Manfred Leger sprechen, der Geschäftsführer der neuen Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm, in der seit dem September dieses Jahres alle bisher auf verschiedene Bahn-Tochtergesellschaften verteilten Aufgaben und Strukturen zusammengeführt worden sind. Ob auch der Technikvorstand Volker Kefer nach Wangen kommen wird und welche Bahnvertreter sonst noch, sei nach der Absage des Stuttgarter Oberbürgermeisters noch nicht klar, sagt Wolfgang Dietrich. Man habe die Absagen nach Berlin übermittelt und erwarte Anfang nächster Woche eine Antwort.

Einen festen Platz auf der Gäste- und Rednerliste hat unterdessen die Führungsetage der Daimler AG, die das Vorhaben nicht zuletzt deshalb mit guten Wünschen begleiten will, weil eines ihrer Werke von den sechs Kilometer langen Tunnelröhren unterfahren wird. Das Land als weiterer Projektpartner wird nach jetzigem Stand durch Elmar Steinbacher repräsentiert werden, Ministerialdirigent und zuständiger Abteilungsleiter im Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg.

Eine Enttäuschung für die Mineure

Bei der jüngsten Tunnelfeier auf der Schwäbischen Alb, wo derzeit für die Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm am Steinbühltunnel gebaut wird, war unter anderem der Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nebst Ehefrau Susanne mit dem Hubschrauber eingeflogen. Zur illustren Gästeschar zählte neben Bahn-Chef Rüdiger Grube und etlichen Bürgermeistern auch der bekennende Projektkritiker Winfried Hermann, der grüne Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg, der an jenem 19. Juli gleichzeitig seinen 61. Geburtstag feierte. Daran gemessen, fällt der symbolische Akt in Stuttgart am 4. Dezember wohl vergleichsweise bescheiden aus, was nicht nur höchst bedauerlich sei, so der Projektsprecher Wolfgang Dietrich, sondern auch kein gutes Zeichen für die vielen Mineure und Arbeiter. Für sie habe dieser Tag eine sehr große Bedeutung, so Dietrich: „Auch sie werden sehr enttäuscht sein von der mangelnden Resonanz.“