Der Stuttgarter Baubürgermeister Matthias Hahn hat Einwände der Stadt gegen die Planung des Tiefbahnhofs ans Eisenbahnbundesamt geschickt. Ein Punkt sind die Breiten der Bahnsteige – die dem Schreiben nach an anderen Haltestellen von der Bahn ganz anders bewertet werden.

Stuttgart - Baubürgermeister Matthias Hahn hat am Donnerstag ein Schreiben mit Einwendungen der Stadt gegen die Planung des Tiefbahnhofs an das Eisenbahnbundesamt (Eba) geschickt. Die Stadt legt demnach wegen des Brandschutzes Wert darauf, dass die Ausstiegsluken der acht zusätzlichen Fluchttreppenhäuser „flächenbündig“ ausgeführt werden. Die begrünten Schachtdeckel benötigten eine Bewässerung, um ein Austrocknen zu verhindern. Die Branddirektion hat Fugenheizungen für notwendig erklärt und ein Aerodynamik-Gutachten für den Straßburger Platz gefordert, weil sich genau dort aus den Lichtaugen quellender Qualm ausbreiten würde, wo die Rettungswege aus dem Tiefbahnhof endeten.

 

Die Feuerwehr erklärt gegenüber dem Eba, dass durch die Treppenhäuser Engstellen auf den Bahnsteigen mit nur 2,05 Meter Breite entstünden. Im Technischen Ausschuss waren diese Engpässe kritisiert worden. Die Grünen forderten die Bahn auf, bei ihrem neuen Evakuierungskonzept jene 49 Züge in der Spitzenstunde zu berücksichtigen, die sie im Stresstest für den Tiefbahnhof als möglich erachtete – und nicht nur jene 32, die im bisherigen Gutachten unterstellt seien. Der Gründer der Internetplattform Wikireal, Christoph Engelhardt, dem die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke im April im Ausschuss gerne ein Rederecht gewähren würde, hat vor einem Jahr darauf hingewiesen, dass der Konzern selbst Bahnsteigbreiten von 2,05 Meter für unzulässig erkläre.

Wie breit ist der Bahnsteig in Hegne?

In der entsprechenden Richtlinie sei bei diesem Wert „der Nachweis über ein ausreichendes Flächenangebot nach dem Verkehrsaufkommen zu führen“. Das sei aber unmöglich. Für den Projektkritiker steht fest: Die 2,05 Meter gelten nicht für zentrale Durchgänge in einem großen Knotenbahnhof, sondern nur für das Bahnsteig-Ende in ,Hintertupfingen’.“

Hier täuscht sich Engelhardt: Gerade dort scheint die Bahn darauf erpicht zu sein, Bahnsteigbreiten zu optimieren, jedenfalls, wenn sie dadurch Kosten für Modernisierungen auf Dritte abwälzen könne, wie Helmut Kennerknecht, Bürgermeister von Allensbach am Bodensee, vermutet. Er wundert sich jedenfalls, dass die Bahn an seinem Haltepunkt im Teilort Hegne eine seit fast 50 Jahren „problemlos vorhandene Engstelle von 2,10 Meter“ beseitigen will“. Für 180 000 Euro sollen dort drei Oberleitungsmasten versetzt werden, damit man am Ende des Bahnsteigs einen halben Meter mehr Platz bekommt – also dort, wo bereits Gras drüber wächst, weil sich kein wartender Fahrgast hinverirrt. An einem Haltepunkt mit nicht einmal 200 Fahrgästen – pro Tag, während es im Stuttgarer Tiefbahnhof sicher 100 Mal mehr Fahrgäste geben werde.

Auch erfolge dort die Verengung über eine viel längere Bahnsteigstrecke, wundert sich der Dorfschultes in einem Papier, das er seinem Gemeinderat präsentierte und nun zu seiner Überraschung schon den Weg in die Landeshauptstadt gefunden hat. Wolfgang Dietrich vom S-21-Kommunikationsbüro verlautbarte am Donnerstag Nachmittag allerdings nach einer StZ-Anfrage: „Die Oberleitungsmasten in Hegne am Bodensee stehen mit einem Abstand von 1,70 Meter zur Bahnsteigkante und müssen deshalb im Rahmen der Umbaumaßnahme versetzt werden. Bei einem Abstand von 2,05 Meter wäre dies regelkonform und eine Versetzung entsprechend nicht notwendig.“

Das wollte der Bürgermeister nicht auf sich sitzen lassen. Gerade von einer Beerdigung zurück, erklärte er sich bereit, nach Dienstschluss zum Bahnsteig zu eilen und noch einmal den Zollstock zu zücken. „Ich hatte mich tatsächlich etwas ungenau ausgedrückt“, räumte Kennerknecht darauf ein – lächelnd. „Es sind nämlich nicht nur 2,10 Meter, sondern sogar 2,14 Meter zwischen Bahnsteigkante und dem Oberleitungsmasten.“

Hahn bemängelt außerdem die Pflanztröge

Handlungsbedarf sieht die Stadt Stuttgart nicht nur unter der Erde, sondern auch an der Oberfläche des Tiefbahnhofs. So stimmt Bürgermeister Hahn der „schlangenförmigen Treppenanlage“ entlang des Bahnhofsgebäudes nicht zu. Sie sei städtebaulich unbefriedigend und behindere eine barrierefreie Querung des Platzes. Er regt eine Rampe mit maximal zehn Prozent Gefälle an. Um eine möglichst große Barrierefreiheit zu erreichen, sollten die Treppen neben dem mittleren Eingang zum Bahnhof Rampen für Fahrräder und Kinderwagen bekommen.

Die Verwaltung bemängelt zudem, dass die Pflanztröge für die von der Bahn geplanten Bäume nicht ausreichend bemessen seien. Zwölf Kubikmeter „durchwurzelbares Volumen“ müssten es schon sein – oder man pflanzt eben kleinere Bäume. Irritiert ist die Stadt darüber, dass die denkmalgeschützte Bahndirektion „entgegen der Planfeststellung komplett als Abbruch“ dargestellt werde, obwohl der vordere Flügel erhalten werde müsse. Die Bahn selbst hat kürzlich den Erhalt zugesagt.