Bürgerbeteiligung ohne Bürger? Von mehr als 250 Anwohnern haben nur fünf ihre Bereitschaft zur Teilnahme signalisiert. Der Start des Dialogs am kommenden Freitag ist deshalb abgesagt worden.
Stuttgart - Die erste Bürgerbeteiligung der grün-roten Landesregierung läuft Gefahr, mangels Beteiligung der Bürger zu platzen. In einer eilig anberaumten Telefonkonferenz hat die Spurgruppe, die den Filderdialog zu Stuttgart 21 vorbereiten soll, am Montagabend die Absage des ersten Termins beschlossen. Dieser hätte am Freitag, 25. Mai, in Leinfelden-Echterdingen stattfinden sollen.
Grund für die Streichung ist die mangelhafte Rücklaufquote der zufällig ausgewählten Personen, die nach dem Willen der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Gisela Erler (Grüne), am Filderdialog teilnehmen sollten. Von mehr als 250 Anwohnern auf den Fildern, die Erler am 14. Mai angeschrieben hatte, haben nur fünf ihre Bereitschaft zur Teilnahme signalisiert. Nach den bisherigen Plänen hätten aber 80 zufällig ausgewählte Bürger sowie 88 von den S-21-Projektpartnern, den Bürgerinitiativen und den Kommunen nominierte Experten teilnehmen sollen.
Die Vorbereitungszeit sei zu kurz gewesen
Nach Einschätzung zahlreicher Teilnehmer könnte diese überraschende Wendung gleichzeitig das Ende des Dialogprozesses sein. Dem widersprach jedoch der Sprecher des Verkehrsministeriums, Edgar Neumann. „Es ist nur der erste Termin abgesagt worden, nicht das gesamte Verfahren“, sagte Neumann am Abend der Stuttgarter Zeitung. Grundsätzlich wolle das Land „trotz dieses Rückschlags“ an dem höchst umstrittenen Verfahren festhalten. Die Diskussion über die verschiedenen Möglichkeiten, wie der Flughafen an den Tiefbahnhof im Talkessel, die Neubaustrecke nach Ulm und die Gäubahn angebunden werden kann, soll nun am Samstag, 16. Juni, beginnen. An jenem Tag war bisher der zweite Termin geplant.
Es habe sich gezeigt, dass der Vorlauf bis zum kommenden Freitag zu kurz gewesen sei, sagte Ministeriumssprecher Neumann und kündigte an, dass nun eine größer angelegte Kommunikationsoffensive starten solle. Demnach sollen jetzt wesentlich mehr Bürger angeschrieben und um ihre Teilnahme am Filderdialog gebeten werden. Es werde dagegen nicht daran gedacht, die Zahl jener Personen zu erhöhen, die von sich aus einen Platz in dem Diskussionsgremium gefordert haben, so Neumann.
Tatsächlich hatten in den vergangenen Tagen zahlreiche Kommunalpolitiker, Wirtschaftsvertreter und Mitglieder verschiedener Bürgerinitiativen lautstark ihre Teilnahme angemahnt. Sie waren jedoch mit der Begründung abgewiesen worden, dass man auch Volkes Stimme hören wolle. Am Rande der abendlichen Telefonkonferenz der Spurgruppe fiel einem Teilnehmer dazu nur noch ein Satz ein: „Ich habe noch nie etwas so Dilettantisches erlebt.“