Wiederholungstäter Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) attackiert Grün-Rot wegen Stuttgart 21. Der Zoff geht in eine neue Runde.  

Peter Ramsauer ist ein Wiederholungstäter. Schon unmittelbar nach der Landtagswahl hatte der Bundesverkehrsminister Grün-Rot in Baden-Württemberg mit Geldentzug gedroht. Aus Sao Paolo in Brasilien wies der CSU-Politiker damals sein Ministerium an, binnen 24 Stunden die Auswirkung der Landtagswahl auf Verkehrsinfrastrukturprojekte zu prüfen. "Wenn die Landesregierung ein bestimmtes Verkehrsprojekt nicht bauen will, kann der Bund blitzschnell reagieren", sagte Ramsauer mit Blick auf das Projekt Stuttgart 21. Er reagierte damit auf den Plan der rot-grünen Koalition in Stuttgart, eine Volksabstimmung über Stuttgart 21 zu initiieren.

 

Jetzt legt Ramsauer nach. Er stellt der neuen Landesregierung Schadenersatzforderungen in Aussicht, sollte diese den Bau von Stuttgart 21 verschleppen. "Mit der Geduld ist es vorbei", sagte Ramsauer der "Financial Times Deutschland". Jetzt müsse wieder gearbeitet werden. "Für den Fall, dass das Land sich seinen vertraglichen Verpflichtungen entzieht, muss es für den Vertragsschaden in voller Höhe haften."

Ramsauer kritisiert zugleich Äußerungen zur Autoindustrie

Zugleich kritisierte Ramsauer die Äußerungen des neuen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann zur Zukunft der Autoindustrie. "Wenn ein Land mir gegenüber erklären würde, es will zu einer praktisch autofreien Zone werden, würde ich das als Verzicht interpretieren und mich anderen Regionen Deutschlands zuwenden." Ramsauer spielte damit auf das Bewerbungsverfahren für die so genannten Schaufensterregionen an, in denen die E-Mobilität auf ihre Praxistauglichkeit getestet werden soll.

Kretschmann nannte die Vorwürfe des CSU-Mannes "haltlos und polemisch". In einem Brief an den Bundesverkehrsminister schreibt der Regierungschef, die Landesregierung habe "niemals davon geredet, eine 'praktisch autofreie Zone' anstreben zu wollen". Der Wahlkampf sei jetzt vorbei, "aber selbst im Wahlkampf sollte man sich mit dem auseinander setzen, was der politische Gegner tatsächlich behauptet".

Kretschmann fordert Ramsauer auf, von Polemik abzusehen

Zu den Schadenersatzdrohungen im Fall eines andauernden Baustopps bei Stuttgart 21 verwies Kretschmann nur auf das zwischen Grünen und SPD vereinbarte Verfahren. Derzeit werde der Stresstest vorbereitet, dann folge die Auswertung, schließlich könne die Volksabstimmung auf den Weg gebracht werden. Der Brief schließt mit den Worten: "Ich bitte Sie dringend, in der Auseinandersetzung zwischen Verfassungsorganen von Polemik abzusehen, bei den Tatsachen zu bleiben und zu einem sachlichen Diskurs zurückzukehren." Kretschmann lud Ramsauer zu einem Gespräch ein.

Der Stuttgarter Finanzminister Nils Schmid (SPD) sagte, Ramsauer sei "in seiner Funktion ganz Deutschland und nicht nur Bayern verpflichtet", weshalb er seine "Einschätzungen nach rein fachlichen Gesichtspunkten" fällen möge und nicht danach, "ob ihm die freie Wahlentscheidung der Baden-Württemberger gefällt oder nicht." Zur Schadenersatzproblematik äußerte sich aber auch Schmid nicht. Die Führung der Landes-SPD steht zwar - anders als die Grünen - zu Stuttgart 21. Doch einen Bau-und Vergabestopp bis zur Volksabstimmung trägt sie mit.

Im Koalitionsvertrag heißt es, man erwarte von der Bahn AG, "keine neuen Tatsachen zu schaffen, die mögliche Ergebnisse einer Volksabstimmung konterkarieren". Bei früheren Gelegenheiten hatte Schmid argumentiert, wenn die neue Landesregierung öffentlich eine Volksabstimmung ankündige, entfalle der Rechtsanspruch der Bahn auf Schadenersatz.

Volksabstimmung möglicherweise im Oktober

Die Bahn hatte nach der Landtagswahl einen Baustopp verhängt, der noch bis zur bevorstehenden Sitzung des Lenkungskreises währen soll. Die Volksabstimmung könnte auf Oktober terminiert werden. Ein halbes Jahr Bauverzögerung kostet laut Bahn 150 bis 200 Millionen Euro. Ramsauer ist nicht der einzige CSU-Politiker, der die neue Stuttgarter Landesregierung attackierte. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hatte Kretschmann unlängst als "Fehlbesetzung" bezeichnet und baden-württembergische Unternehmer zur Ansiedlung in Bayern aufgerufen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer kündigte die Südschiene auf. "Wir haben nun einen Wettbewerb der Systeme."

Dass es auch anders geht, zeigt Kanzlerin Angela Merkel. Sie hatte am vorigen Montag mit Kretschmann telefoniert, gratulierte zur Wahl und lud ihn zum Energiegipfel ein.