Hans-Peter Ehrlich hat Stuttgart als Stadtdekan und Stadtjugendpfarrer geprägt. Heute ist er als SPD-Stadtrat aktiv. Am Sonntag wurde er 70 Jahre alt.

Fasanenhof - Manche bezeichnen ihn als „Architekten des evangelischen Kirchenkreises Stuttgart“. „Nicht ganz zu Unrecht“, findet Hans-Peter Ehrlich. Den jahrelangen Prozess von ursprünglich vier Kirchenkreisen zu einem großen begleitete Ehrlich von Anfang an. Doch nicht nur dieses Projekt trägt die Handschrift des 70-Jährigen; als Pfarrer, Jugendpfarrer und Stadtdekan betreute er auch einige Kooperationen ins Ausland.

 

Verantwortung nicht nur für sich selbst tragen, sondern für die Gesellschaft – das ist Hans-Peter Ehrlich schon immer wichtig. Klar geworden ist ihm das bereits als Konfirmand. „Im Studium habe ich mich dann mit diakonischen Fragen und Menschenrechten beschäftigt“, sagt er. Soziale Themen liegen dem Theologen am Herzen, denn: „Jeder hat die von Gott gegebene Würde, egal wie und wo er lebt.“

Enge Bindung an die Stadt

Ehrlich selbst lebt in einer Hochhauswohnung auf dem Fasanenhof. „Sie sieht von innen schöner aus als von außen“, sagt er und lacht. Der dreizehnte Stock des grauen Gebäudes bietet einen weiten Blick über den gesamten Stadtteil. „Wenn das Wetter gut ist, ist das schon gigantisch“, sagt Ehrlich. Wenn er auf seinem schwarzen Ledersofa sitzt und erzählt, schaut er oft aus dem großen Fenster hinaus über die Dächer des Fasanenhofs. Zu Stuttgart hat Ehrlich eine ganz besondere Beziehung. „Ich bin der Stadt unglaublich dankbar“, sagt er.

Seine erste Stelle in Stuttgart trat Ehrlich im Jahr 1982 an. Elf Jahre lang war er dort Stadtjugendpfarrer. „Damals habe ich Stuttgart aus der Perspektive von jungen Menschen wahrgenommen, um herauszufinden, ob sie sich hier austoben können“, sagt Ehrlich. Besonders stolz ist der Senior auf sein Schwerpunktprojekt aus dieser Zeit. „Mit Jugendreferenten aus Dresden und Berlin habe ich regelmäßige Treffen organisiert, in den Sommerferien haben wir uns einmal in Ungarn getroffen“, sagt er. Kooperationen wie diese betreute Ehrlich auch in späteren Tätigkeiten. „Es ist ein Geschenk, dass ich diese Kontakte haben durfte“, sagt er.

Für jedes Lebensjahr ein Gast

Am 1. April feierte Ehrlich seinen 70. Geburtstag. Er verbrachte den Tag mit seiner Familie und Freunden in der Hospitalkirche und im Hospitalhof. Dabei war es gar nicht einfach, am Ostersonntag dort unterzukommen. „Das war eine Sonderregelung für mich als ehemaligen Stadtdekan“, sagt Ehrlich und lacht. Ein Kollege hielt extra für ihn und mehr als 70 Geburtstagsgäste einen kurzen Gottesdienst. „Ich habe Menschen aus verschiedenen Lebensphasen und lebenslange Begleiter eingeladen“, sagt er. Freundschaften zu pflegen, war ihm immer wichtig. „Meine Frau und ich haben verschiedene Freundeskreise und das sollte auch so sein, damit jeder einen Rückzugsort hat“, erklärt er.

Nach sechs Jahren als Dekan in Böblingen, kam Ehrlich 1999 zurück nach Stuttgart. Dort traf er auf einige Herausforderungen: „Die Gedächtniskirche war eine Kirche mit guter Tradition, die Predigtarbeit und die Kirchenmusik waren sehr anspruchsvoll“, sagt er. Diese Ansprüche wollte der Dekan natürlich erfüllen. „Dann kam die Zeit des Strukturwandels und des Aufbaus des Kirchenkreises“, erzählt Ehrlich, „da hingen viele Aufgaben dran, wir mussten ja auch die Landessynode von dem Vorhaben überzeugen, damit sie entsprechende Gesetze erlässt“.

Vom Pfarrer zum Politiker

Eher zufällig wurde Hans-Peter Ehrlich im Laufe der Zeit zum Reiseleiter. „Bei einem dreitägigen Ausflug nach Leipzig bin ich einmal kurzfristig als Leiter eingesprungen“, sagt er, „und daran habe ich Freude gefunden“. Später machte er mit 23 Menschen eine 14-tägige Reise nach Indien. „Ich war zum ersten Mal dort und habe es mir trotzdem zugetraut“, sagt er. Denn er sei eher ein spontaner Typ, der im Vorfeld nicht jedes Detail planen möchte. „Einmal bin ich mit meiner Frau nach China gefahren, wir hatten nur ein Hotel gebucht und den Rest haben wir auf uns zukommen lassen“, sagt er und lacht.

Bereits in seiner Zeit als Pfarrer interessierte sich Ehrlich für Politik. „Damals wollte ich aber in keine Partei eintreten, weil ich ständig zwischen unterschiedlichen Parteien vermitteln musste“, sagt er. Als er 2013 in den Ruhestand ging, wurde er Mitglied in der SPD. „Das Verständnis von sozialer Gerechtigkeit ist in der SPD am besten“, sagt er. Und die war ihm eben schon immer wichtig.