Tanja Warring widmet sich in ihrem neusten Buch dem Stuttgarter Malerpaar Bertha Malzacher-Jung und Otto Jung.

Es war eine spannende Zeit. Bei den Recherchen zu ihrem neuen Buch „Zwischen Belle Époque und Neuer Zeit. Das Künstlerpaar Bertha Malzacher-Jung und Otto Jung“ hat die Autorin Tanja Warring auch zur eigenen Familiengeschichte geforscht. Sie ist die Urenkelin des Malerpaars, das zu Zeiten des Deutschen Kaiserreiches und später der Weimarer Republik in Stuttgart lebte. Noch heute ist das ehemalige Wohnhaus im Herdweg im Stuttgarter Norden in Familienbesitz. Am Mittwochabend wurde das Buch im Rahmen einer Lesung mit anschließender Diskussion im Stadtarchiv in Bad Cannstatt vorgestellt.

 

Moderiert wurde der Abend von der Kulturjournalistin Adrienne Braun. „Ein Künstlerpaar, das auch ein Stück Stadtgeschichte mitgeschrieben hat“, beschreibt sie das Malerpaar.

Bertha Malzacher-Jung und Otto Jung lebten in Stuttgart, als die Stadt gegen Ende des 19. und am Beginn des 20. Jahrhunderts in der Hochphase der Industrialisierung zu einer Großstadt wurde. Kennengelernt hatten sich die beiden an der Königlichen Kunstschule, wie Autorin Warring berichtet. „Er hatte wahnsinniges Talent“, sagt sie über Otto Jung, dessen Landschaftsbilder sie dem schwäbischen Impressionismus zuordnet. Der Lebensunterhalt wurde allerdings vor allem mit Porträts für Menschen aus dem gehobenen Bürgertum verdient.

Die Malerin wird aus der Bahn geworfen

Während zahlreiche Arbeiten Otto Jungs bis heute gut erhalten sind, gibt es von Bertha Malzacher-Jung nur wenige Werke. Dass Frauen Kunst schaffen, sei damals noch unüblich gewesen, so Warring und: „Es geht auch um das Frauenbild in dieser Zeit. Mit ihrem Beitritt zum Württembergischen Malerinnenverein sei Bertha Malzacher-Jung gewiss fortschrittlich gewesen. „Sie war an einem Punkt, sich als Künstlerin zu etablieren“, ist sich Warring sicher. Im bürgerlichen Umfeld der Stadt habe sie damit auch angeeckt. Die Arbeiten ihrer Urgroßmutter beschreibt die Autorin als kraftvollen Realismus. „Sie hat ein unglaubliches Gefühl für Details gehabt.“ Später habe sie experimentiert, sei fast schon postexpressionistisch gewesen. „Es ist bedauerlich, dass sie nicht weitergemacht hat“, so Warring.

Doch die Geburt des ersten von drei Kindern habe sie ziemlich aus der Bahn geworfen. Es folgten Depressionen und die Einlieferung in die Heilanstalt in Esslingen-Kennenburg. Dort habe sie im Rahmen ihrer Therapie wieder angefangen zu malen.

Das Buch „Zwischen Belle Époque und Neuer Zeit. Das Künstlerpaar Bertha Malzacher-Jung und Otto Jung“ von Tanja Warring ist für 66 Euro im Handel erhältlich.