Wo stehen die luxuriösesten Villen in Stuttgart und was macht so manchen Stadtteil so besonders attraktiv? Zwei Experten geben einen Einblick in eine exklusive Immobilienwelt.
Stuttgart - Der Blick auf den Kessel, ein Pool im Garten und viel Platz für einen ausladenden Esstisch und einen Kronleuchter. So ungefähr stellen sich viele sicherlich die Villa mit Türmchen in Stuttgarter Halbhöhenlage vor. Doch welche Teile oder Straßen der Stadt gelten als besonders exklusiv? Wo leben Stuttgarts Multimillionärinnen und –millionäre? Ein Immobilienmakler für Luxusobjekte und ein Experte aus dem Stuttgarter Gutachterausschuss geben einen Einblick.
Immobilienmakler Boris Mayer hat sein Büro zwischen Anwaltsbüros und Vermögensberatungen im Wirtschaftsgebäude der Villa Gemmingen auf der Karlshöhe. Er hat sich auf besonders exklusive Wohnungen und Häuser spezialisiert und erklärt die goldene Regel Stuttgarts: „Dort wo es nach oben geht, da gehen auch die Preise mit hoch.“ Klar, je besser die Aussicht, umso schöner wohnt es sich. Da verrät der Inhaber von Dahler & Company Stuttgart kein Geheimnis. Doch nicht nur die Topografie ist entscheidend – auch die Gegend an sich. Ein ganz klares Ranking in Sachen Top-Adresse, das sei allerdings nicht möglich. Im Zweifel sei beim Preis einer Immobilie eben auch das Objekt entscheidend.
Das bestätigt Steffen Bolenz, der stellvertretender Vorsitzender des Gutachterausschusses Stuttgart. Er und seine Kolleginnen und Kollegen bewerten den Wert von Immobilien und veröffentlichen regelmäßig die Bodenrichtwerte der Stadt, die Auskunft darüber geben, für welche Preise Grundstücke gehandelt werden. Doch alleine diese Richtwerte unter die Lupe zu nehmen, reiche bei der Bewertung ebenfalls nicht aus. In Hinblick auf den Quadratmeterpreis mache es einen erheblichen Unterschied, ob es um eine exklusive Wohnung im Zentrum oder eine Villa mit riesigem Garten am Rande der Stadt geht. Außerdem sind in einigen Stadtteilen die Grundstücksflächen deutlich größer als in anderen, entsprechend höher sind die Gesamtkosten.
Doch trotz der vielen Feinheiten im Immobilienwesen können sich die beiden Experten durchaus auf einige Straßenzüge und Ecken Stuttgarts einigen, die besonders exklusiv sind.
Nah an der Innenstadt und trotzdem ein Top-Blick: Das bietet die Gegend oberhalb des Heusteigviertels in der Nähe der Haltestelle „Bopser“. Schnell ist man von hier aus im Wald oder am Teehaus. Hier gibt es vor allem viele Einfamilienhäuser und ein paar kleine Mehrfamilienhäuser. Wer hier oder in einer der anderen exklusiven Wohnlagen ein Haus kaufen will, der müsse, ganz grob gesagt, schon mit mindestens drei bis neun Millionen Euro Kaufpreis rechnen, sagt der Immobilienmakler Boris Mayer. Man muss also schon Multimillionär sein, um hier mitspielen zu können.
Während der Bopser schon seit vielen Jahrzehnten zu den exklusiven Wohnlagen gehört, ist das Dorotheen-Quartier erst seit wenigen Jahren mit dabei. Das neue Stadtviertel zwischen Charlottenplatz und Markthalle wurde 2017 eröffnet. Die Loftwohnungen hier gehören laut Makler Mayer zu den exklusivsten der Stadt. Moderne Architektur, viel Glas, Louis Vuitton und Breuninger direkt ums Eck machen das Dorotheen-Quartier aus. Ein Immobilienunternehmen wirbt im Netz beispielsweise für eine etwa 110 Quadratmeter große Wohnung mit Aussicht auf die Innenstadt. Künftige Mieterinnen und Mieter müssen dafür tief in die Tasche greifen: Die Wohnung soll für eine Monatskaltmiete von 2.600 Euro vermietet werden.
Bei der Bewertung des Dorotheen-Quartiers zeigt sich Bolenz vom Gutachterausschuss aber zurückhaltend. Sicherlich, die Wohnungen seien exklusiv, wegen der hohen Mietpreise seien sie nur für einen kleinen Kreis zugänglich. Allerdings zählt diese Ecke Stuttgarts aus seiner Sicht nicht zu den besten Wohnlagen. Vor allem weil es sich hier nicht um Eigentums-, sondern um Mietwohnungen handeln würde. Auch Makler Mayer gibt zu denken, dass die meisten, die über entsprechendes Kapital verfügen, eine Immobilie kaufen statt sie zu mieten. Das Dorotheen-Quartier und das Wohnen über den Einkaufszentren der Stadt nimmt in der Betrachtung also eine Sonderrolle ein.
Deutlich grüner und ruhiger geht es im Vergleich zu dem Innenstadtviertel auf dem Frauenkopf im süd-östlichen Teil Stuttgarts zu. Das typische Grundstück hier ist besonders groß. Der Gutachterausschuss spricht von „Landhausgebieten“, die meisten Grundstücke haben eine Fläche von mehr als 800 Quadratmetern. Große Einfamilienhäuser und Villen dominieren, in vielen Gärten steht ein Pool. „Da leben insbesondere Personen aus dem oberen Managementbereich“, sagt Mayer. Die Menschen, die hier eine Immobilie kaufen, seien vor allem auf der Suche nach Ruhe, drum herum gibt es viel Wald und Wiesen – trotzdem ist der Weg zum Flughafen nicht weit.
Nur ein kleines Stück entfernt liegt die Gänsheide. Der Stadtteil in Stuttgart-Ost gehört laut den beiden Immobilien-Experten ebenfalls zu den absoluten Top-Adressen Stuttgarts. Vor allem in einzelnen Straßen um die Villa-Reitzenstein (in der das Staatsministerium seinen Sitz hat) gibt es einige besonders große Grundstücke samt Villen – mit gutem Blick auf die Stadt.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Stadt in Richtung Botnang gelegen hat man vom Stadtteil Kräherwald aus einen schönen Blick über den Süd-Westen Stuttgarts. Zu den besonders teuren Wohnlagen gehören laut Experte Bolenz Teile der Hauptmannsreute oder der Gustav-Siegle-Straße. Große Einfamilienhäuser und Villen reihen sich hier aneinander. Das Besondere: Von hier aus ist man nicht nur schnell im Zentrum Stuttgarter Westens, sondern auch im Wald. Doch mit welchen Summen müssen Käuferinnen und Käufer hier rechnen? Im Netz stößt man beispielsweise auf eine exklusive 200-Quadratmeter-Wohnung mit Panoramablick und angrenzender Parkanlage, die für 2,7 Millionen angeboten wird.
Wohl wie keine andere Gegend in Stuttgart steht aber der Killesberg für exklusives Wohnen. Allerdings heißt es hier genauer hinschauen, wenn vom Killesberg die Rede ist. Denn offiziell ist dies nur ein kleiner Stadtteil im Stuttgarter Norden, im Sprachgebrauch wird er oft anders verwendet.
Bolenz vom Gutachterausschuss erklärt aber: „Stuttgart-Nord ist sicherlich der Bereich, wo Spitzenpreise erzielt werden.“ Im Jahr 2021 wurde hier beispielsweise eine Eigentumswohnung mit einem Quadratmeterpreis von 22.000 Euro verkauft und erzielte damit einen absoluten Spitzenwert. Wie groß die Wohnung ist und wo genau sie liegt, veröffentlichte der Gutachterausschuss nicht. Doch einmal angenommen, dass es sich um eine 150 Quadratmeter große Wohnung handelt, würde der Preis bei stolzen 3,3 Millionen Euro liegen.
Auch wenn Bolenz nicht verraten darf, wo sich die Wohnung befindet, steht fest: Zu den absoluten Top-Adressen innerhalb des Stuttgarter Nordens gehören sicherlich die Stadtteile Lenzhalde und Am Bismarckturm. Dort gibt es besonders große und exklusive Grundstücke, wie die Zahlen zeigen. Aber auch der Bereich, der in Feuerbach übergeht, sei sehr beliebt. Dort gehört etwa der Stadtteil An der Burg zu den Top-Adressen.
Über das Gebiet rund um den Bismarckturm sagt der Makler Boris Mayer: „Da stehen an den Klingelschildern nur noch die Initialen.“ Hier kann man beim Spazieren gehen nicht so einfach Spickeln, wer dort so wohnt. Doch über zwei ganz besonders bekannte Stuttgarter ist bekannt, dass sie hier einst lebten: Ferdinand Porsche und Theodor-Heuss. Noch heute stehen die Porsche Villa und das Theodor-Heuss-Haus im Feuerbacher Weg. Bis 1951 lebte der Automobilkonstrukteur hier, heute wird das Anwesen von der Porsche AG als Gästehaus genutzt. Theodor-Heuss lebte nach seiner Amtszeit als Bundespräsident in der Straße und verstarb hier 1963.
