60 Jahre Stuttgarter Ballett Sechs Fragen an Ivan Cavallari

Australien, Frankreich und nun Kanada: Das sind die Stationen von Ivan Cavallari als Ballettdirektor. Foto: Sasha Onyshchenko / Kravetz Photographics

Einstige Tänzer des Stuttgarter Balletts sind weltweit als Direktoren begehrt. Wir haben sie nach ihren Stuttgarter Wurzeln gefragt – heute: Ivan Cavallari, Direktor der Grands Ballets Canadiens in Montréal.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Stuttgart - Von Montréal bis Seoul, von Hannover bis Ljubljana: Viele ehemalige Tänzer und Tänzerinnen des Stuttgarter Balletts sind heute als Ballettdirektoren erfolgreich. Zum 60-Jahr-Jubiläum des Stuttgarter Balletts haben wir bei diesen Erben John Crankos nachgefragt, was sie bis heute mit dem Stuttgarter Ballett verbindet – heute bei Ivan Cavallari. Der in Bozen geborene Italiener kam 1986 zum Stuttgarter Ballett, wurde 1994 zum Ersten Solisten ernannt und tanzte bis 2000 in Stuttgart.

 

Was haben Sie vom Stuttgarter Ballett mitgenommen, das Ihnen bis heute hilft?

Marcia Haydée und Reid Anderson haben ihre persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen aus der Zeit John Crankos ganz selbstverständlich an eine junge Generation weitergegeben. Davon habe ich als Tänzer wie als Direktor profitiert. Ich bin überaus dankbar dafür und mache es heute ebenso.

Ihr Lieblingsstück im Stuttgarter Repertoire?

Viele! Natürlich Crankos Repertoire, aber ich fand und finde auch die Arbeit mit Choreografen stets sehr spannend. Als Tänzer habe ich von den Rollen, die ich nicht so mochte, oft viel mehr gelernt als von den Rollen, die ich immer gerne tanzen wollte.

Ihre Lieblingsrolle als Tänzer?

Es gab Tage, da dachte ich, Onegin sei meine Lieblingsrolle, dann gab es wieder Tage, da war es der 3. Satz der „Initialen“. Und manchmal habe ich sie alle gehasst. Es ist einfach so: Momente im Leben, die uns heute wunderbar erscheinen, langweilen uns morgen.

Eine Rolle, die Sie gerne getanzt hätten, aber nie durften?

Ich habe alles gemacht, was ich mir wünschte.

Vermissen Sie etwas im Stuttgarter Repertoire?

Nein. Das Stuttgart Ballett war und ist für mich immer einen Schritt voraus. Jungen, aber auch erfahrenen Choreografen wurde in Stuttgart immer die Gelegenheit gegeben, sich zu entfalten. Entsprechend reich ist das Repertoire.

Stuttgart wäre ohne sein Ballett... wie ein Porsche oder ein Mercedes ohne Motor.

Zur Person: 1964 in Bozen geboren, begann Ivan Cavallari seine Tanzausbildung an der Schule der Mailänder Scala und kam 1981 mit einem Stipendium an die Bolschoi-Ballettschule in Moskau.

1986 kam Ivan Cavallari von der Scala ans Stuttgarter Ballett, wo er 1994 zum Ersten Solisten ernannt wurde und alle wichtigen Rollen in Crankos Handlungsballetten tanzte. 1996 gab er mit „Passion“ sein Debüt als Choreograf.

2000 gab er seinen Abschied vom Stuttgarter Ballett. Bei vielen Kompanien weltweit studierte er Crankos Ballette ein. Im Februar 2007 übernahm er die Direktion des West Australian Ballets in Perth, wechselte 2013 in selber Position an die Opéra du Rhin (Strasbourg/Mulhouse) und leitet seit 2016 Les Grands Ballets Canadiens in Montréal. (StN)

60 Jahre Stuttgarter Ballettwunder

In einem besonderen Angebot für unsere Digital-Plus-Abonnenten machen wir die spannende Geschichte des Stuttgarter Balletts lebendig. Im Dialog mit Zeitzeugen und einer jungen Generation wird anschaulich, wie sich die Kompanie an die Weltspitze tanzte und dort hält. Mit diesen Artikelserien feiern wir das Jubiläum des Stuttgarter Balletts:

Als das Wunder wahr wurde Wir haben im Archiv nach Erinnerungen an seinen Erfinder John Cranko gesucht und eine 2007 veröffentlichte Interview-Serie mit Weggefährten des Choreografen entdeckt.

► Ray Bara Lesen Sie hier, wie Ray Bara seine Wohnung für John Cranko räumte.

► Reid Anderson Wie Eiskunstlauf den Tanz inspirierte: Lesen Sie hier Reid Andersons Erinnerungen

► John Neumeier Bereit für Rebellion und Experimente: Lesen Sie hier John Neumeiers Erinnerungen

► Gundel Kilian Wer einfach drauflos knipste, flog raus: Gundel Kilian erinnert sich

► Richard Cragun Lesen Sie hier, was der 2012 verstorbene Tänzer Richard Cragun über Crankos britischen Geschmack sagte.

► Birgit Keil Lesen Sie hier, wie Birgit Keil zu Crankos „Baby-Ballerina“ wurde.

► Friedrich Lehn Wie Cranko Stau zu Tanz machte: Friedrich Lehn erinnert sich

► Marcia Haydée Lesen Sie hier Marcia Haydées Bericht von ihren ersten Auftritten in Stuttgart.

► Egon Madsen Lesen Sie hier Egon Madsens Erinnerungen an eine besondere Party in New York.

► Georgette Tsingurides Lesen Sie hier Georgette Tsingurides’ Erinnerungen an Zigaretten, Hunde und kleine Feuer im Ballettsaal.

► Fritz Höver Lesen Sie hier, was der 2015 verstorbene Gründer der Noverre-Gesellschaft mit Cranko auf Reisen erlebte.

► Jürgen Rose Lesen Sie hier, wie John Cranko Zeichnungen des Bühnenbildners zerriss.

► Vladimir Klos Lesen Sie hier Vladimir Klos Erinnerungen an die letzte Tournee mit John Cranko.

Forsythe, Kylián und Co Das Stuttgarter Ballett war schon immer eine Kompanie, die Tänzer stark gemacht hat. So stark, dass sie weltweit als Direktoren begehrt sind. Wir haben sie nach ihren Stuttgarter Wurzeln gefragt.

► Ivan Cavallari Sechs Fragen an den Direktor der Grands Ballets Canadiens in Montreal

► Sue Jing Kang Sechs Fragen an die Direktorin des koreanischen Staatsballetts

► Filip Barankiewicz Sechs Fragen an den Direktor des tschechischen Staatsballetts

► Marco Goecke Sechs Fragen an den Ballettdirektor am Staatstheater Hannover

► Christian Spuck Sechs Fragen an den Direktor des Balletts Zürich

► Bridget Breiner Fragen an die Direktorin des Badischen Staatsballetts

► Renato Zanella Fragen an den Direktor des Balletts an der Staatsoper Slowenien

► Eric Gauthier Fragen an den Leiter von Gauthier Dance

► Demis Volpi Fragen an den Direktor des Balletts am Rhein in Düsseldorf

Weitere Beiträge sind in Vorbereitung.

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