Der Stuttgarter Gemeinderat hat das vorletzte Cross-Border-Mietgeschäft beendet. Finanzielle Nachteile sind daraus noch nicht entstanden.

Stuttgart - Was zahlreiche Bürger seit Monaten fordern, hat der Stuttgarter Gemeinderat am Donerstag vollzogen: Die Stadträte stimmten der vorzeitigen Auflösung des mit einem amerikanischen Investor 2003 abgeschlossenen Cross-Border-Leasing-Vertrags (CBL) über die Stuttgarter Klärwerke zu. Damit beendete der Rat endgültig ein höchst umstrittenes Mietgeschäft der Stadt. In der Beschlussvorlage streicht die Verwaltung aber deutlich heraus, dass der grenzüberschreitende Mietvertrag mit einem US-Trust für die Landeshauptstadt ein gutes Geschäft gewesen sei.

Der bei Vertragsabschluss sofort erhaltene Barbetrag sei mit Zinsen auf 16,2 Millionen Euro angewachsen, heißt es. Da der US-Investor wegen der vorzeitigen Vertragsauflösung nur eine Rückerstattung von 4,1 Millionen Euro erhalte, verbleibe der Stadt nach Abzug aller Transaktionskosten und Gebühren ein Gewinn von 11,8 Millionen Euro. Bezogen auf die erheblich kürzere Laufzeit des vorzeitigen beendeten Mietgeschäfts habe sich die Rendite sogar überproportional erhöht, heißt es bei der Stadt.

Mit dem Ende des Klärwerkedeals ist das Stuttgarter CBL-Engagement allerdings noch nicht vorbei. Weiterhin besteht das laut dem Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) "stabile Cross-Border-Leasing-Geschäft" über das Stuttgarter Kanalnetz, bei dem die Stadt 23,3 Millionen Euro erhalten hat. Der amerikanische Investor sei gegenwärtig nicht bereit, den 2002 abgeschlossenen Vertrag einvernehmlich und vorzeitig zu beenden, heißt es in der Gemeinderatsvorlage der Verwaltung. Er wolle gegenüber den US-Finanzbehörden durchsetzen, ihm alle steuerlichen Vorteile über die gesamte Vertragslaufzeit von rund 30 Jahren zu gewähren.

Vertrag über Kanalnetzvermietung ist weiterhin gültig


Die Stadt müsse das Ende dieses Streits abwarten. Das Vertragsrisiko werde aber ausschließlich von der amerikanischen Seite getragen. Erst wenn die US-Seite sich wegen einer vorzeitigen Vertragsauflösung im Rathaus meldet, will die Verwaltung aktiv werden und den Gemeinderat informieren. "Eine einseitige Vertragsbeendigung durch die Landeshauptstadt würde zu einem erheblichen finanziellen Nachteil führen", heißt es dazu in der Vorlage. Die Rathausspitze scheint aber nicht abgeneigt, auch den letzten CBL-Vertrag zu beenden, da in langfristigen Verträgen immer Risiken stecken könnten. Den ersten Schritt müsse aber die US-Seite unternehmen.

Die Chancen dafür stehen trotz des Rechtsstreits in den USA nicht schlecht. Denn der amerikanische "Besitzer" des Stuttgarter Kanalnetzes gehört inzwischen zu einer Minderheit. In den Vereinigten Staaten ist CBL kein Thema mehr: 80 Prozent der Investoren haben einem Vergleich mit der US-Steuerbehörde geschlossen. Dadurch erhalten sie 2009 noch einen Steuervorteil und gehen straffrei aus, wenn sie die auch in den Staaten längst umstrittenen Verträge beenden. Die Trusts haben auch ein großes finanzielles Interesse daran, die Verträge rasch zu beenden, weil diese keine lukrativen Steuergewinne mehr abwerfen, aber sehr viel Kapital binden.

Erfolgreicher Protest gegen weitere CBL-Geschäfte


Gegen ein weiteres von der Stadt geplantes CBL-Geschäft mit 27 Stuttgarter Schulen und Verwaltungszentren hatte 2003 eine neue Bürgerinitiative, das Stuttgarter Wasserforum, erfolgreich Front gemacht. Stadträte mussten auf Podiumsdiskussionen bekennen, dass sie die rund 1000 Seiten umfassenden CBL-Verträge gar nicht kannten. Die Basis der Stuttgarter Grünen rebellierte gegen ihre Gemeinderatsfraktion und erzwang ein Umdenken. Die Stadträte wurden per Beschluss aufgefordert, "beabsichtigte derartige Geschäfte nicht weiterzuverfolgen und künftig abzulehnen". Auch für die SPD-Fraktion im Gemeinderat war CBL plötzlich vom Tisch. Als sich daraufhin abzeichnete, dass es im Gemeinderat keine Mehrheit mehr für die auch in der Öffentlichkeit höchst umstrittenen Mietgeschäfte gab, wurden alle entsprechenden Vorlagen zurückgezogen.

Anfang 2006 verursachte das städtische CBL-Geschäft mit den Klärwerken Schweißausbrüche im Rathaus und im Stuttgarter Regierungspräsidium. Monatelang war völlig unklar, ob die umstrittene neue Neckarbrücke bei Remseck über das Areal des vermieteten Klärwerks Mühlhausen ohne Zustimmung des US-Investors geplant werden durfte.