Für 24 Stunden ist der Stuttgarter Fernsehturm anlässlich seines 60. Geburtstages durchgehend geöffnet gewesen. Rund 3500 Besucher haben das Angebot genutzt.

Stuttgart - Die 24-Stunden-Öffnung des Stuttgarter Fernsehturms anlässlich seines 60-jährigen Bestehens von Freitag auf Samstag ist ein voller Erfolg gewesen. Knapp 3500 Besucher nutzten das Angebot – nicht wenige davon zur Nachtzeit. Dabei fanden vor auch die Führungen unter dem Motto „Nachts im Turm – mit Blick in das Fundament“ so großen Zuspruch, dass die zwischen 1 und 5 Uhr morgens am Samstag jeweils zur vollen Stunde geplanten Rundgänge am frühen Samstagmorgen zunächst sogar im Halbstundentakt angeboten werden mussten. Hunderte Besucher wollten schließlich nicht nur den Blick aus luftiger Höhe auf die Landeshauptstadt und die sie umgebende Region genießen. Sie wollten auch aus berufenem Mund, sprich: von im Turm langjährig tätigen Technikern, erfahren, wie die Konstruktion im Detail aussieht und wie es um die Standsicherheit des 1956 als erster Fernsehturm der Welt eröffneten Stuttgarter Wahrzeichens bestellt ist.

 

Mehr als 250 Besucher haben zwischen Freitag, 12 Uhr, und Samstag, 2 Uhr, stündlich den Turm besucht – erst danach wurde laut einer SWR-Sprecherin kurzfristig ruhiger, bevor dann die Besucherfrequenz mit dem Start des Sonnenaufgangsfrühstücks im Turmcafé Leonhardts auf 147 Meter Höhe von 6 Uhr morgens am Samstag wieder anstieg.

„Die Besucher haben das Angebot sehr positiv angenommen“, so Annette Schmid von der SWR Media Services GmbH, die die Besucherzahl am Jubiläumstag auch gleich ins Verhältnis zu den Zahlen am Eröffnungswochende eine Woche zuvor am 30. und 31. Januar setzte. „Da hatten wir insgesamt 4045 Besucher. Für uns war dies ein Schlechtwetterrekord. Früher hatten wir zu Spitzenzeiten an einem sehr schönen Sommerwochenende in den Ferien bis zu 3000 Besucher“, so Schmid. Nicht nur die Besucherzahlen stimmen die Verantwortlichen aber froh. Auch die Tatsache, dass innerhalb der ersten Woche mehr als 500 Jahreskarten zum Preis von 25 Euro verkauft wurden, macht deutlich, wie beliebt der Fernsehturm ist, der wegen der Brandschutzsanierung drei Jahre lang geschlossen war. Vor der von der Stadt aus Brandschutzgründen im März 2013 verfügten Schließung des Turms waren jährlich rund 50 Jahreskarten verkauft worden.

Viele sind regelmäßig auf dem Turm

Einer der vielen Besucher, die am frühen Samstagmorgen den Weg zum Fernsehturm fanden, war Bernhard Schröck, der anlässlich seines 56. Geburtstags mit Uli Reichert und Eva Knöpfle kam und vor Ort eine Überraschung erlebte. Für ihn als Geburtstagskind war – wie an allen Öffnungstagen - der Eintritt zum Besuch des Fernsehturms frei. „Ich freue mich sehr, dass der Turm wieder geöffnet hat“, so Schröck, der vor der Schließung bereits mehrfach aus luftiger Höhe auf seine Heimatstadt geblickt hatte. Etwa alle zwei Jahre sei er auf dem Turm gewesen. Vor allem mit Gästen komme er immer wieder gerne hierher, sagt Bernhard Schröck – der am Rande des Besuchs auch dem Café Leonhardt einen Besuch abstattet, um mit den Freunden auf 147 Meter Höhe ein Heißgetränk zu genießen. Aus gutem Grund: der kühle Wind pfiff schließlich ordentlich auf den Aussichtsplattformen auf 150 und 153 Meter Höhe, auf denen sich an diesem Abend eine bunte Mischung an Besuchern tummelte. Begeisterte Turmfans, verliebte Pärchen auf dem Weg ins Nachtleben, Freundesgruppen auf dem Heimweg vom gemütlichen Essen in der City, aber auch Arbeiter nach der Spätschicht, die ihren Heimweg mit dem Besuch des Stuttgarter Wahrzeichens krönten. Und auch eine Gruppe der Maskengruppe Bad Cannstatter Quellenweiber, die zuvor bei einer närrischen Veranstaltung in Frickenhausen gewesen war, machte unter der Führung des Zunftmeisters Robert auf der Waldau einen Zwischenstopp. Dabei wurde sowohl aus luftiger Höhe auf heimische Gefilde geblickt, als auch der Untergrund erkundet - „denn wer weiß denn schon, wann es diese Gelegenheit das nächste Mal gibt“, so der Zunftmeister, dessen Devise an diesem Abend unverkennbar „mitnehmen was geht“ war.

Der Besuch des Fundaments, in dem in dieser Nacht unter anderem der Turmtechniker Andreas Grein den vielen Interessierten Rede und Antwort stand, führte vielen Besuchern vor allem eins vor Augen: die technische Meisterleistung, die von den mit dem Bau des Stuttgart überragenden Gebäudes befassten Planern und ausführenden Baufirmen vollbracht wurde. Anhand von vergrößerten Zeichnungen, Fotografien von der Sanierungsphase zwischen März 2013 und heute, sowie einem gelungenen Turmmodell der Uni Hohenheim, das auch sämtliche Beleuchtungselemente des Gebäudes enthält, machte Grein darauf aufmerksam, dass 7500 Tonnen Beton – 3000 Tonnen für den Turm, die anderthalbfache Menge dessen für das Fundament mit 27 Meter Durchmesser – in nur 20 Monaten zwischen 1954 und 1956 verbaut wurden.

Nicht jede neue Technik ist eine Verbesserung

Dass längst nicht alle technische Neuerungen, mit denen der Turm seither ausgestattet wurde, nur Verbesserungen gebracht haben, daraus machte Grein keinen Hehl. So müsse seit dem vor Jahren erfolgten Austausch der 1200 Watt Lampen in der Turmspitze gegen LED-Elemente mehr gegen mögliche Vereisungen getan werden, da diese anders als die zuvor genutzten Leuchtkolben kaum mehr Wärme abgeben. Auch die alte Fassade des Turmkorbs, die 2005 nicht mehr den aktuellen DI-Normen entsprochen habe, ist laut Grein deutlich besser gewesen. Seit die neue Verkleidung in einem aufwendigen Verfahren angebracht worden sei – allein der Bau des Gerüsts habe rund 600000 Euro gekostet – gebe es öfters Undichtigkeiten und auch das Putzen der Fenster inzwischen statt zweimal jährlich doppelt so oft erfolgen.

Die Mutmaßung eines Besuchers, dass der Turm so heute aber vermutlich kaum mehr gebaut werden dürfte, kommentierte Grein nur knapp: „Er war der erste Fernsehturm der Welt, er war Vorbild für andere Bauwerke dieser Art weltweit und ist bis heute in Betrieb.“ Lediglich den Namen müsste man inzwischen wohl korrigieren. Denn für den Fernsehbetrieb wird der Turm längst nicht mehr genutzt. „Er müsste also eigentlich Radioturm heißen“, so Grein schmunzelnd.