Die Stuttgarter Kickers gehen neue Wege. Um mehr Fans für sich zu gewinnen, ist der Verein zusammen mit dem Café Denkbar in Hohenheim eine Kooperation eingegangen. Jetzt gab es den ersten „Studententalk“ – mit dem Fußballprofi Marc Stein.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Denkbar ist vieles bei den Stuttgarter Kickers. Auch eine Kooperation mit der Denkbar, einem Lokal in Hohenheim, die vor Kurzem ins Leben gerufen wurde – zwischen dem Verein und dem Besitzer. Der heißt Carl-Christian Vetter und ist bekennender Blauer von klein auf. „Früher war es Kult, Kickers-Fan zu sein“, sagt der Mann mit dem markanten Glatzkopf, der selbst in Hohenheim promoviert hat. „Ich stand am Zaun und habe Spieler wie Ralf Vollmer angefeuert.“

 

Neben solchen Reminiszenzen war für die neue Liaison letztlich aber ein Student ausschlaggebend, der in dem Café als Barkeeper und bei den Kickers als Praktikant jobbt. Um die jungen Bande entsprechend mit Leben zu füllen, wurde diese Woche der erste „Studententalk“ arrangiert, mit dem Untertitel „Studium und Profifußball“. Diese Mischung ist so selten wie der vor Ort angebotene Kaffee Moser aus Wien, aber sie gibt es – auch bei den Kickers.

Und wer hätte sich als Protagonist besser angeboten als Marc Stein? Der Verteidiger hat in seiner Berliner Zeit an einer Abendschule studiert: BWL. Fünf Jahre lang, jede Woche drei- bis viermal, von 17 bis 21 Uhr. Das erfordert Motivation und Kondition. Aber auch Respekt: „Die anderen Teilnehmer haben ja jeden Tag bis 17 Uhr gearbeitet.“ Auch wenn er aktuell noch nicht davon profitiert, sagt der 28-Jährige: „Es war wichtig, dass ich den Weg gegangen bin. Jetzt hab ich zumindest schon mal was in der Tasche.“

„Zwischen Mannschaft und Coach hat einiges nicht funktioniert“

Vielleicht auch für die Karriere nach der Karriere. „Ich würde gerne im Fußball bleiben“, gab Stein im kleinen Kreis zu. Als Trainer („da braucht man gute Nerven“) – oder im Management? Warum nicht: „Das läge nach der Ausbildung ja nahe. Ich bin jedenfalls für alles offen.“ Wenn’s so weit ist.

Erst mal steht der Fußball im Vordergrund – genau wie bei der Talkrunde mit den Studenten. Frage: warum stehen die Kickers so schlecht da? Antwort: „Weil wir aus den ersten acht Spielen nur zwei Punkte geholt haben, das hängt uns immer noch nach.“

Woran lag’s? „Das hatte viel mit dem Trainer zu tun, auch wenn man nicht nachkarten soll. Aber zwischen Mannschaft und Coach hat einiges nicht funktioniert.“

Wie fühlt sich aktuell der Spieler nach seiner Meniskusoperation? „Die Reha nimmt definitiv mehr Zeit in Anspruch als ein Trainingstag, nämlich von acht bis 17 Uhr. Wenn alles optimal läuft, bin ich im Derby am 9. Februar wieder im Kader.“

Noch ein Blick über den Degerlocher Waldrand hinaus: Was hält Stein von der Dominanz des FC Bayern? „Ich denke, dass die den deutschen Fußball insgesamt weiterbringen wird.“

Was blieb aus der Bundesligazeit besonders in Erinnerung? „Die erste Gelbe Karte habe ich mit Rostock nach 15 Minuten gegen Franck Ribéry bekommen.“

Partnerschaft läuft zunächst bis zum Saisonende

Wie verlief die internationale Karriere? „Ich habe mit Hertha BSC anderthalb Jahre im Uefa-Cup gespielt. Da hast du fast nur englische Wochen. Das ist oft viel anstrenger, als man denkt.“

Marc Stein stand jedenfalls geduldig Rede und Antwort – auch wenn die kleine Kickers-Delegation bei ihrem Debüt nicht gleich einen Hörsaal gefüllt hat. „Es ist ein Versuch, hier Leute aus anderen Städten für die Kickers als Zweitverein zu gewinnen“, sagt der Medienchef Hans-Georg Felder. Also beispielsweise Studenten aus Dortmund, die keinen Bock auf den VfB haben. Ein Konzept, mit dem übrigens auch der SC Freiburg gute Erfahrungen macht.

Die Verbindung nach Hohenheim mit knapp zehntausend Immatrikulierten hat sogar eine gewisse Tradition bei den Kickers, auch wenn die zuletzt etwas in Vergessenheit geraten war. Der Stürmer Andreas Merkle jedenfalls wagte einst den Spagat zwischen Unicampus und Trainingscamp, als er in den 1980er Jahren für die Blauen (und später auch Roten) spielte.

„Wir wollen eine Nische besetzen“, sagt das zuständige Präsidiumsmitglied Niko Kleinmann zu der neuen Partnerschaft, die zunächst einmal bis zum Saisonende läuft. Als Probezeit. Es ist noch Luft nach oben, die wollen beide Seiten nutzen. Nachdem der Verein inzwischen bereits seinen vierten Fan-Stammtisch in unterschiedlicher Besetzung organisiert hat, wäre auch das Hohenheimer Café als Location eine Überlegung wert. Denn eines blieb am Dienstag hängen: Marc Stein war ein dankbarer Gesprächspartner in der Denkbar.