Kultur: Tim Schleider (schl)
Nun ist die Interimsspielstätte nur ein Teil des Gesamtpakets Staatstheater-Sanierung, das die Stadt gemeinsam mit dem Land finanzieren muss. Sind Sie optimistisch, für dieses Paket eine breite Mehrheit im Gemeinderat zu finden?
Natürlich muss all dies sorgfältig geplant und finanziert werden. Das darf nicht so ablaufen wie bei der Elbphilharmonie in Hamburg. Aber es gibt Absichtserklärungen fast aller Ratsfraktionen, dieses zweifellos große Projekt mittragen zu wollen. Um das vollständige Ja werde ich werben, wenn alle Planungen abgeschlossen sind und wir den Finanzbedarf überblicken können. Wir nehmen nun kräftig Fahrt auf.
Sie wollen viel investieren, obwohl den Staatstheatern gern vorgeworfen wird, nur einer schmalen Schicht zugute zu kommen.
Allen, die das fälschlich glauben, empfehle ich Besuche der dortigen Vorstellungen, um sich vom Gegenteil zu überzeugen.
Ist Ihre kulturpolitische Planung mit diesem Großvorhaben erschöpft?
Keineswegs. Wir diskutieren und planen ja gerade auch die Erweiterung des Theaterhauses auf dem Pragsattel, wir sanieren die Wagenhallen, wir bekommen sehr bald unser neues Städtisches Museum, wir beraten mit den Bürgern über die zukünftige Nutzung der Villa Berg, wir stecken in den Vorplanungen zu einem Film- und Medienhaus, das ich angesichts der Bedeutung dieses Kreativsektors in der Region mit Stuttgart als Zentrum für ein weiteres zentrales Vorhaben halte. Und dann befördere ich nachhaltig einen Neubau des Linden-Museums als ein Haus und Museum der Kulturen auf einem Grundstück auf dem Stuttgart 21-Gelände. Die hervorragenden Sammlungen und die Pläne des Museums sprengen alle Möglichkeiten, die wir auf dem bestehenden Gelände am Hegelplatz haben. Deswegen sollten Land und Stadt nach einem ganz neuen Standort und einem erweiterten Konzept suchen. Auch da befinde ich mich in Übereinstimmung mit dem Ministerpräsidenten.
Es ist ja immer ein kostengünstiger Erweiterungsbau des Linden-Museums am bestehenden Ort im Gespräch gewesen.
Ich glaube, dass wir die Chancen des Museums für den Kulturstandort Stuttgart da nicht ausschöpfen können. In vielen Städten dieser Welt spielen Häuser mit ethnologischen Sammlungen, die sich als Begegnungsstätte der Kulturen verstehen, eine wichtige und attraktive Rolle. Daran muss sich meiner Meinung nach auch die Landeshauptstadt orientieren. Ich möchte ein Ziel vorgeben, aber wir werden natürlich über Pläne und Finanzen reden müssen.
Und wie sehen Sie, wenn es um Pläne geht, die Idee eines neuen Konzerthauses für Stuttgart?
Natürlich ist auch diese Idee auf unserer Tagesordnung. Wir haben in Stuttgart vier große Orchester, dazu kommen die Bachakademie und ein umfangreicher musikalischer Gastspielbetrieb. All das zusammen mit dem nötigen Probenbetrieb führt unsere Liederhalle schon seit einiger Zeit an ihre Grenzen. Wir haben uns ja sehr gefreut über die Entscheidung des SWR, sein neues Symphonieorchester hier bei uns zu verorten. Wir werden schauen, wie wir dieser umfangreichen Musiklandschaft in Stuttgart eine gute Heimat bieten können.
Eine Stuttgarter Neckarphilharmonie?
Nein, das nicht. Achthundert Millionen Euro können wir uns nicht leisten. Aber wir sind die Kulturhauptstadt der Bundesrepublik, und dafür brauchen wir ordentliche Spielstätten.