Musikthetar als kollektive Kunstform: In der nächsten Spielzeit dominiert in Stuttgart der Dialog zwischen Schauspiel und Oper. Vorschau auf die Saison 2015/16.

Kultur: Stefan Kister (kir)

Stuttgart - Oper ist eine kollektive Kunstform“, sagt der Opernintendant Jossi Wieler. Dialog nach innen und nach außen – jeder soll sich mit dem identifizieren, was hier passiert. „Musiktheater als Werkstatt, das ist unser Spirit.“ Deshalb arbeite er auch nirgendwo anders. Bekanntermaßen huldigt sein Schauspielkollege Armin Petras einem anderen Spirit. Und Prompt bringt dieser auch den Opernchef von der löblichen Konzentration auf sein Haus ab. Nebenan im Schauspiel wird Wieler das neue Stück von Petras inszenieren, der sich als Autor Fritz Kater nennt.

 

Seine eigenen Katzen aber hat Wieler längst aus dem Sack gelassen. Es sind die sechs Premieren, die die Stuttgarter Werkstatt in der nächsten Spielzeit produziert. Wie schon im letzten Jahr wurden sie bereits vorab verkündet (und berichtet), so dass man sie nun noch einmal im Lichte spezifischer Stuttgarter Eigenarten Revue passieren lassen kann. Da ist zum Beispiel der für die Oper als kollektive Kunstform bezeichnende Umstand, dass Jossi Wieler und Sergio Morabito bei ihrer Inszenierung von Ludwig van Beethovens Oper „Fidelio“ großes Gewicht auf die Dialoge legen wollen, mithin auf die dem Schauspiel zugewandten Züge. Die musikalische Seite liegt in den Händen des Generalmusikdirektors Sylvain Cambreling.

„Salome“ wird entschleiert

Für die ingeniöse Verschmelzung musik- und sprechdramatischer Formen steht der Schweizer Regisseur Christoph Martaler, der mit „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach sein Stuttgart-Debüt gibt. Cambreling konnte ihn nach Stuttgart locken und wird auch dirigieren. Auch der „Reigen“ nach Schnitzler des zeitgenössischen belgischen Komponisten Philippe Boesmans verdankt sich Cambrelings Kontakten. Er hat das Werk, „ein Theater in Musik“, bereits in Brüssel aufgeführt.

Wie der Chefdramaturg Sergio Morabito ausführt, wirke der Russe Kirill Serebrennikov gleichermaßen grenzüberschreitend wie bahnbrechend zwischen den Künsten. Keine schlechten Eigenschaften, um Richard Strauss’ „Salome“ zu entschleiern, musikalisch sekundiert von Emilio Pomarico und Simone Schneider in der Titelrolle. Betörendes, dem Titel zum Trotz, versprechen ebenfalls die „Puritaner“, mit denen Wieler/Morabito ihren Stuttgarter Bellini-Zyklus erweitern.

Nirgends aber wird der Dialog zwischen Theater und Oper intensiver geführt werden als in Henry Purcells Semiopera „The Fairy Queen“. Mit sieben Schauspielern und sechs Sängern wird der Katalane Calixto Bieito dem Stück im Schauspielhaus kollektiv zu Leibe rücken.