Welche Währung sich auch immer durchsetzen wird – Börsenexperten sind sicher, dass die dahinter stehende Technik auf jeden Fall Karriere machen wird.

Stuttgart - Die geheimnisvolle Welt der Kryptowährungen wie Bitcoin und die dahinter liegende Technik namens Blockchain elektrisieren die Anleger. Deshalb ist die Stuttgarter Börse mit dem „Parkettgespräch“, zu dem auch die Leser der Stuttgarter Zeitung eingeladen sind, diesmal von der Börse weg in etwas größere Räume ausgewichen, um allen Interessenten Platz zu bieten. Die Blockchain wird häufig als digitales, dezentrales Grundbuch beschrieben. Sie macht Eigentumsübertragungen via Internet ohne Einschaltung eines Notars, eines Kontrolleurs oder einer Aufsicht möglich; diese Aufgabe übernimmt dezentral die Gemeinschaft aller Interessenten an der Transaktion. Die schwierig zu verstehende Technik übt eine große Faszination aus, aber es sind Kursverläufe wie dieser, aus denen sich das Interesse vor allem speist: Anfang vorigen Jahres kostete ein Bitcoin noch 1000 Dollar, dann folgte der Höhenflug auf 20 000 Dollar – und nach dem Jahreswechsel der Absturz auf jetzt etwa 10 000 Dollar.

 

„Es ist eine Wette, keine Geldanlage“

Kein Wunder also, dass sich Thomas Mayer, Gründungsdirektor des Vermögensverwalters Flossbach von Storch und früherer Chefvolkswirt der Deutschen Bank, mit der Frage von Moderator Andreas Scholz auseinandersetzen musste, welche Perspektive eine Geldanlage in Bitcoins bietet. Darauf wollte sich der in Backnang geborene Wirtschaftswissenschaftler aber nicht einlassen. Denn für den 64-Jährigen ist der Kauf von Bitcoins keine Geldanlage: „Es ist eine Wette, es lassen sich keine Wahrscheinlichkeiten über die künftige Wertentwicklung ermitteln.“ Auch sein Diskussionspartner, Alexander Höptner, Sprecher der Geschäftsführung der Stuttgarter Börse, pflichtete ihm bei: „Der Bitcoin ist ein Spekulationsobjekt.“

Ein Stromverbrauch wie in ganz Singapur

Höptner schätzt, dass es gegenwärtig etwa 1500 Kryptowährungen à la Bitcoin gibt. Wirklich investiert wird nach seiner Kenntnis aber lediglich in zehn bis zwanzig dieser Währungen, in stärkerem Maße in fünf bis zehn. Dass noch überhaupt nicht klar ist, welche Kryptowährung sich (wenn überhaupt) durchsetzen wird, ist ein weiterer Grund für Mayers Zurückhaltung. Er vergleicht die gegenwärtige Phase mit dem Aufkommen des Internet in den Neunziger Jahren; kaum einer der damaligen Mitspieler ist noch im Geschäft. Gegen den Bitcoin spricht aus Sicht von Mayer und Höptner dessen extrem hoher Bedarf an Rechnerleistung und Strom; der Energiebedarf pro Jahr entspricht nach Schätzungen dem gesamten Stromverbrauch von Singapur. Andere Kryptowährungen arbeiten nach Kenntnis von Mayer mit einfacheren Algorithmen, die weniger Strom benötigen.

Die hinter allen Kryptowährungen stehende Technik Blockchain wird sich nach Ansicht von Höptner und Mayer auf jeden Fall durchsetzen, wahrscheinlich auch im Zahlungsverkehr. Den liberalen Ökonomen Mayer interessiert dabei vor allem die grundlegende Veränderung der Geldpolitik: Die Notenbanken würden ihre Macht einbüßen. Gegenwärtig steuert die Notenbank über ihre Zinspolitik die Kreditvergabe der Geschäftsbanken, die auf diese Weise Geld schaffen. Mayer hält es aber für richtig, die Kreditvergabe und die Gelderzeugung voneinander zu trennen.