Es ist ein blutiger Bandenkrieg zwischen Rockerclubs, den Rafael Binkowski in unserer Zeitung dargestellt hat. Dafür wurde ihm am Dienstag der Adenauerpreis für Lokaljournalismus verliehen. Am Dienstagabend wurde das Ereignis im Haus der Wirtschaft mit vielen Gästen gefeiert.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Er gilt als Oscar des Lokaljournalismus in Deutschland, mit dem die Konrad-Adenauer-Stiftung besondere Leistungen würdigt. Am Dienstag wurden die aktuellen Gewinner geehrt, ausgewählt aus 396 Einsendungen. Verliehen wurden die Preise nicht irgendwo in der Republik, sondern in Stuttgart im Haus der Wirtschaft. Der Ort des Geschehens ist stets die Stadt, in die der erste Preis geht. In diesem Jahr erhält ihn Rafael Binkowski, Lokalredakteur der Stuttgarter Nachrichten und der Stuttgarter Zeitung in Ludwigsburg. Beide Blätter bekamen auch den Preis in der Kategorie Datenjournalismus für das crossmediale Projekt „Feinstaubradar“.

 

Lammert lobt den Lokaljournalismus

Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Norbert Lammert, ging in seinem Festvortrag auf die Rolle des Lokaljournalismus in unserem Gemeinwesen ein. „Kein anderes Medium schafft ein so stabiles Vertrauen und Glaubwürdigkeit wie die Lokalzeitung“, sagte Lammert. „Nirgends kann der Leser leichter überprüfen, ob das, was ihm vorgesetzt wird, auch mit der Realität übereinstimmt.“ Der ehemalige Bundestagspräsident hob die Bedeutung des Qualitätsjournalismus hervor in einer Zeit, in der das Informationsangebot „explosionsartig“ zugenommen habe. Die paradoxe Folge sei, dass man wegen der Flut der Informationen oft das Gefühl habe, gar nicht mehr wirklich informiert zu sein. „Deshalb wächst die Bedeutung von unabhängigem Journalismus, braucht es saubere Recherchen, pointierte Kommentierungen und aufklärende Analysen“, sagte Lammert.

Eine „überragende Leistung“

Die Sprecherin der Jury des Adenauer-Preises, Heike Groll, begründete die Vergabe damit, dass Rafael Binkowski dem in Stuttgart und Ludwigsburg tobenden Kampf zwischen türkischen und kurdischen Rockerclubs auf den Grund gegangen sei. Bei seiner Recherche habe der Lokalredakteur einen „Bandenkrieg buchstäblich vor der Haustür“ aufgedeckt, aber auch dessen bundesweite und internationale Verflechtungen. Das sei eine „mutige, überragende journalistische Leistung und ein beeindruckendes Beispiel für den Wert der Pressefreiheit“.

Darüber hinaus wurden die Stuttgarter Nachrichten und die Stuttgarter Zeitung in der Kategorie Datenjournalismus ausgezeichnet. Zwar sei das Neckartor in Stuttgart wegen der hohen Feinstaubbelastung als die dreckigste Kreuzung Deutschlands bekannt, stellte die Jury-Sprecherin fest. Kaum im Blick hingegen sei die Situation in den Stadtteilen und den Orten im Umland. Mit dem crossmedialen Projekt „Feinstaubradar“ habe der Redakteur Jan Georg Plavec und das von Stefanie Zenke geführte Ressort Multimedia-Reportage diese „Informationslücke“ geschlossen. Dabei habe sich gezeigt: Im Umland Stuttgarts sei die Feinstaub-Belastung teilweise noch deutlich höher als am Neckartor.

Zugleich liefere man den Lesern aber auch einen „handfesten Nutzwert für den Alltag“. Mit Erfolg habe die Redaktion die Leser angeregt, sich zu beteiligen, etwa indem man eine Videoanleitung zum Selbstbau eines Messgeräts angeboten habe. So zeige die Redaktion Kompetenz bei einem so brisanten Thema wie „Big Data im Lokalen“.

Das Lokale im Mix der Themen

Die Verleihung fand am Abend im Beisein zahlreicher prominenter Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur sowie von 150 Leserinnen und Lesern statt. Der Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, Joachim Dorfs, sagte, die Preise erfüllten ihn mit Freude und Stolz. Denn man habe eine Auszeichnung sowohl „für eine klassische investigative Reportage“ als auch für ein „datenjournalistisches Projekt“ erhalten: „Das zeigt die Spannbreite, die eine gute Redaktion heute abdecken muss.“

Der Adenauer-Stiftung dankte er dafür, dass diese durch ihren Preis „dem Lokaljournalismus über die Jahre hinweg zu dem Recht und der Anerkennung verhilft, die er schon immer verdient gehabt hätte“. Gleichzeitig betonte der Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, dass er trotz knapper werdender Ressourcen eine „ausschließliche Konzentration auf das Lokale“ für falsch halte. Interessante Medien zeichneten sich durch eine „gute Mischung“ der Inhalte aus, zu der auch eine eigene Auslandsberichterstattung, die Kultur, der Sport, die Politik und die Wirtschaft gehörten.

Das musikalische Rahmenprogramm des Abends gestaltete der Tänzer Eric Gauthier. Der Choreograf glänzte diesmal aber in einem anderen Fach, als Gitarrist und Sänger mit Entertainer-Qualitäten.

Besuch auf der S-21-Baustelle

Der Tag der Preisverleihung hatte schon am Nachmittag begonnen. Bei einer Führung konnten sich die Preisträger ein Bild vom Stand der Stuttgart-21-Bauarbeiten machen. Auf dem Gelände besuchten sie die erste gegossene Kelchstütze der künftigen Bahnsteighalle des geplanten Tiefbahnhofs, und sie warfen einen Blick in den Tunnel am Kriegsberg sowie in die ehemalige Bahndirektion, die wegen der Tiefbauarbeiten zurzeit auf Stützen mehr schwebt als steht.