Cancel Culture oder einen echten Eklat abgewendet? Die fränkische Band Dorfrocker wurde beim 10-Jährigen Jubiläum der Studierendenvertretung in Stuttgart wieder ausgeladen. Das Hin und Her verursacht hohe Kosten.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Dass man mit einer Band, die Songs wie „Die Glöcknerin von Dingolfing“, der sich mit weiblichen Oberweiten beschäftigt oder „Schick den Klimakleber nach Katar“ in teilweise woken, linksgrünen Studentenkreisen keinen Eindruck schindet, dürfte jedem klar gewesen sein, aber darum ging es der Studierendenvertretung Stuttgart (Stuvus) auch gar nicht. Als diese mitteilte, dass anlässlich der Feierlichkeiten zum 10-jährigen Bestehen eine „Auswahl mehrerer Künstler aus verschiedenen Genres an verschiedenen Tagen möglichst viele Studierende ansprechen“ sollte, war das Kind schon in den Brunnen gefallen. Die Band Dorfrocker, die dort am Donnerstag hätte auftreten sollen, wurde wieder ausgeladen. Zuerst hatte die „Bild“ berichtet.

 

Hat die Stuvus ihr Jubiläumsfest vor Schaden bewahrt oder Kräften der Cancel Culture nachgegeben? Auf jeden Fall war es teuer, denn die Verträge mit der Band waren unterzeichnet: Mehrere Zehntausend Euro hat die vom Studierendenparlament beschlossene Entscheidung die Studierendenvertretung gekostet, wie sie in einer Erklärung zu den Vorgängen schreibt.

Das Studierendenparlament der Stuvus habe die kurzfristige Absage bereits Anfang Juli mit 23 Ja-Stimmen bei einer Stimme dagegen und zwei Enthaltungen beschlossen, heißt es auf Nachfrage. Die Idee, die Band Dorfrocker überhaupt einzuladen, sei aus dem Organisationsteam für die Festlichkeiten heraus gekommen. Sie sollte bei der bunten Musikauswahl die Sparte Schlager vertreten.

Uni Stuttgart begrüßt Ausladung

Verhärtete Fronten innerhalb der Stuvus gebe es laut Anna Dannecker, der stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Stuvus, trotz der Diskussionen nicht: „In Folge dessen haben sich Kritiker und Befürworter des Events auf eine weitere Durchführung und entsprechende Bewerbung verständigt.“ Allerdings habe der Umgang mit dem Thema Eingang in den Stuvus-Wahlkampf gefunden; aktuell würden die jährlichen Gremienwahlen stattfinden, in denen unter anderem die Mitglieder des Studierendenparlaments gewählt werden.

Die Universität Stuttgart begrüßt die Entscheidung der Stuvus. „Die Uni ist ein Ort ohne Diskriminierung“, betont eine Sprecherin unserer Redaktion gegenüber. Manche Texte der Band Dorfrocker würden Menschen ausgrenzen, was dem Code of Conduct der Uni widerspreche. Die Uni unterstreicht die Wichtigkeit der Studierendenvertretung: „Ohne die Stuvus wäre das studentische Leben in Stuttgart ärmer.“ Auch die Stuvus betont, dass sie „auf eine tolle Veranstaltung“ hoffe und sich über alle freue, „die mit uns feiern wollen.“

Die Band selbst äußerste sich auf Nachfrage unserer Zeitung nicht dazu, wie sie die Ausladung bewertet. Die Dorfrocker sind genretechnisch dem Partyschlager zuzuordnen und bestehen aus den drei Brüdern Tobias, Philipp und Markus Thomann. Sie absolvierten zahlreiche TV-Auftritte und waren 2017 für den ECHO in der Kategorie „Volkstümliche Musik“ nominiert. Zuletzt geriet die Band in die Schlagzeilen, nachdem sie Videoclips veröffentlicht hatte, in denen sie sich an den Klimaaktivisten der Letzten Generation abarbeitet. Unter anderem wird ein Darsteller in der Rolle eines sogenannten Klimaklebers dort mit Gülle beschmutzt. Lokale bayerische Medien berichteten darüber.