Deutschland müsse seine Risiken mit Blick auf China reduzieren, fordert die Wirtschaftsstaatssekretärin Franziska Brantner. In einem Punkt allerdings sieht sie das für seine Politik oft hart kritisierte Land als Vorbild.

China soll künftig sowohl Partner als auch Rivale sein. Wie das funktionieren soll, hat die Bundesregierung gerade erst in ihrer China-Strategie durchdekliniert. In einem Punkt kann man sich nach den Worten von Wirtschaftsstaatssekretärin Franziska Brantner (Grüne) aber auch etwas abschauen. „Wir brauchen mehr langfristiges, strategisches Denken für deutsche und europäische Wirtschaftssicherheit“, sagte sie im Gespräch mit unserer Zeitung.

 

Deutschland müsse seine Risiken mit Blick auf China reduzieren. „Kooperation kann besser gelingen, wenn man Alternativen hat“, sagte Brantner. Sie plädiert für einen realistischen Blick auf China. „Klimaschutz geht im Moment nicht ohne Produkte aus China.“

Dabei kommt gerade bei so genannten grünen Technologien der Druck aktuell von zwei Seiten: Auf der einen Seite steht die Abhängigkeit von China bei wichtigen Produkten, aber auch Rohstoffen wie zum Beispiel Lithium, auf der anderen Seite fördern die USA mit dem sogenannten Inflation Reduction Act massiv Investitionen in den Klimaschutz.

„Es ist keine einfache Situation, aber eine in der es auch Gründe zur Zuversicht gibt“, sagte Brantner. Die Bundesregierung habe bereits Antworten auf die Subventionspolitik in den USA. „Wir haben auf zwei Weisen reagiert. Zum einen haben wir sichergestellt, dass Unternehmen, vor allem in der Autoindustrie, Zugang bekommen zu den Subventionen.“ Darüber hinaus sei ein Rohstoffabkommen in Arbeit.

Deutschland versucht attraktives Umfeld zu schaffen

In Deutschland arbeite man zudem daran, ein attraktives Umfeld zu schaffen – mit strukturellen Maßnahmen, aber auch mit zielgerichteten Subventionen, sagte Brantner. Über die Klimaschutzverträge, die das finanzielle Risiko bei der Umstellung auf klimafreundliche neue Technologien abfedern sollen, unterstütze der Bund mit hohen Summen die Dekarbonisierung von energieintensiven Branchen wie die Stahlindustrie.

Allerdings sehen das nicht alle positiv. Der Wirtschaftssachverständigenrat hatte in dem Zusammenhang am Freitag vor einem Subventionswettlauf mit den USA gewarnt – stattdessen sollte die EU ihre bestehenden Förderprogramme für „grüne Technologien“ anpassen, etwa indem bürokratische Hürden verringert werden.

„Auf europäischer Ebene setzen wir uns für Vereinfachungen bei der Beihilfe ein“, sagt Brantner. „Der Binnenmarkt ist unsere Lebensversicherung.“ Im Rahmen des Net Zero Industry Act müsse das unbürokratisch gestaltet werden, um die Transformation zu unterstützen. Mit dem Netto-Null-Technologie-Regelung will die EU Investitionen in saubere Technologien wie Windturbinen, Wärmepumpen oder grünen Wasserstoff fördern.

Entlastungspaket nicht mit der Gießkanne

Das Entlastungspaket für Unternehmen, das Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgeschlagen hatte, gehe zwar in die richtige Richtung. Es beinhaltet unter anderem die von der Ampel vorgesehenen Abschreibungsregeln. „Aber wir müssen schauen, dass wir nicht mit der Gießkanne vorgehen, sondern gezielt entlasten“, sagte die Grünen-Politikerin.

Ebenso wie die Landesregierung setzt Brantner dabei auch auf das Thema grüner Wasserstoff. Die Netzbetreiber hätten jetzt den Plan für ein Wasserstoff-Kernnetz vorgelegt. „Das ist eine wichtige Antwort auf die Frage, wie grüne Energie vom Norden in den Süden transportiert wird.“

Einer der Flaschenhälse sei im Moment die Elektrolyseur-Produktion. „Da könnte mit Firmen wie Bosch, BASF, Heidelberg-Materials und Freudenberg im Südwesten ein ganzes Netzwerk entstehen“, sagte Brantner. Mit Elektrolyseuren kann mit Hilfe von erneuerbarem Strom grüner Wasserstoff hergestellt werden. Bisher werden sie noch weitgehend von Hand gefertigt.

FDP-Landeschef Michael Theurer hatte jüngst die Sorge geäußert, dass eben solche Schlüsseltechnologien rund um das Thema Wasserstoff wegen der hohen Subventionen in die USA abwandern könnten. Diese Bedenken teilt Brantner nicht: „Wir wollen diese Industrie bei uns fortentwickeln und wettbewerbsfähig halten“, sagte sie. „Wir geben alles dazu, dass das klappt. Wasserstoff und insbesondere grüner Wasserstoff ist für uns hochrelevant.“

Brantner, die 2021 als Spitzenkandidatin der Grünen in Baden-Württemberg zur Bundestagswahl angetreten ist, ist derzeit auf Sommertour im Land unterwegs. Sie erlebe bei ihren Firmenbesuchen viel Zuversicht, sagt sie. „Da ist gerade in Baden-Württemberg ein gewisser Stolz dabei nach dem Motto: Wir machen unseren Wohlstand nachhaltig.“ Dazu entstünden gerade sehr spannende neue Firmen an der Schnittstelle von Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Subventionen auf beiden Seiten

Inflation Reduction Act
 Der sogenannte IRA in den USA sieht milliardenschwere Investitionen in den Klimaschutz vor, knüpft viele Subventionen und Steuergutschriften aber daran, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren.

Net Zero Industry Act
 Die Antwort der EU auf den IRA ist auf Technologien gerichtet, die für das Erreichen der Klimaziele (Netto-Null-Technologien) wichtig sind. Vorgesehen sind beispielsweise günstige Investitionsbedingungen durch weniger Bürokratie, ein leichterer Marktzugang oder die Förderung von Innovationen. So soll bis 2030 mindestens 40 Prozent des Bedarfs dieser Zukunftstechnologien in der EU gedeckt werden.