Das Summer Campus Festival zieht am Wochenende Clubgänger zum Tanzen, Feiern und Entspannen auf das Eiermann-Areal.

Stuttgart - Zufrieden sitzt Garik (22) auf einer Holzpalette in der freitäglichen Abendsonne. Hinter ihm zeichnet sich eine Bananenstaude gegen den Himmel ab. Untermalt von den Tech-House-Beats des DJ-Sets, die herüberschallen, gönnt sich der Student ein erstes Bier zum Auftakt des Wochenendes. Er sei extra schon frühzeitig zum Summer Campus Festival gekommen, um noch ein bisschen das Wetter zu genießen, ehe die Party richtig losgehe, sagt er. Das mit viel Holz und Grün loungeartig gestaltete Sonnendeck auf dem Betondach ist dafür ein idealer Platz.

 

Vanda (18) und ihre Freundin sind derweil schon auf der Tanzfläche. Die befindet sich unter jenem Parkdeck rechts vom Eingang zum Gelände, das durch Überbauung eines Hubschrauberlandeplatzes entstand. Die Markierung aus Helikopter-Zeiten ist nach wie vor deutlich zu sehen. Vanda ist von Reutlingen zum Tanz-Event gekommen und war pünktlich zum Einlass um 17 Uhr vor Ort. Gehen wird sie voraussichtlich erst, wenn die Musik verstummt und sich die Festival-Tore um 2 Uhr schließen. „Ich möchte jede Minute mitnehmen“, zeigt sich die Techno-Hörerin geradezu euphorisch. Es sei toll, endlich wieder irgendwo hingehen zu können.

Endlich wieder tanzen!

Eigentlich habe sie vorgehabt, intensiv durch die Clubs zu ziehen, sobald sie volljährig sei, verrät die gebürtige Ungarin. Dann habe ihr Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Höchste Zeit also, wenigstens jetzt rauszukommen. Schon verschwindet die junge Frau wieder Richtung Dancefloor, um sich zur Beschallung durch die DJs Minimalte & Karaat zu bewegen, die in der Stuttgarter Clubszene unter anderem über die „Herz & Seele“-Reihe bekannt sind. Philip Bogdan, Resident DJ des Stuttgarter Proton, sein Kollege Georgee und weitere Könner stehen am Freitag ebenfalls hinter den Reglern.

Schon zum Festivalauftakt tags zuvor waren 350 Besucher auf dem Eiermann-Campus gewesen. Am Freitag ist die von den Veranstaltern, dem Club Kollektiv Stuttgart, selbst gesetzte Obergrenze von 1.000 verkauften Tickets gegen 20.30 Uhr erreicht. Die Abendkasse schließt. Ausverkauft. „Für den morgigen Samstag sind auch schon alle Karten weg“, zieht Colyn Heinze eine erste Bilanz. „Der Sonntag wird, denke ich, auch ausverkauft sein.“

Es sei im Vorfeld die ewige Frage gewesen, wie gut das Angebot angenommen würde, so der 2. Vorsitzende des Kollektivs. „Wir wussten ja lange nicht, ob auch andere Clubs wieder offen sein würden, wenn das Festival stattfindet.“ Colyn ist sichtlich erfreut über den Erfolg des Events, die Unterstützung der Stadt und das Entgegenkommen des Eiermann-Eigentümers. Das Kernproblem sieht er mit dem siebentägigen Fest auf dem Gelände des als Kulturdenkmal anerkannten Campus freilich noch nicht gelöst. Man brauche eine geeignete Freifläche, die dauerhaft für Veranstaltungen genutzt werden könne, ist er überzeugt. Sonst müsse man alle Konditionen jedes Mal wieder von vorn aushandeln. Der ehemalige IBM-Sitz in Vaihingen, den die Clubszene am Wochenende bespielt, fällt aus. Er soll bis 2027 zum Wohn und Arbeitsquartier werden.

Viel Platz für Abstandsregeln

Grünliches Licht fällt von der höher gelegenen Brüstung aus auf den Bereich mit den Ständen für das leibliche Wohl. Blau und Violett leuchtet es im Rhythmus der Bässe von der Tanzfläche her. Am Himmel steht ein malerischer Mond. Zwischen Industrie-Ambiente und Natur hat die Location auch bei Nacht einen ganz eigenen Charme. Das sieht auch René so, der das Areal mit seinen Freunden am Freitag erstmals besucht hat. Sehr angetan ist der 37-Jährige auch von der Organisation. Es sei zwar einiges los, aber angenehm viel Platz. Abstandsregeln ließen sich wie von selbst einhalten. Die Auflagen mit 3G-Kontrolle am Einlass und den Check-In via Luca-App kommentiert er mit einem Schulterzucken: „Ich lasse mich auch dreimal kontrollieren, wenn ich danach einen schönen Abend haben kann. Das ist im Moment eben einfach so und irgendwie fühlt man sich dann ja auch selbst sicherer.“

Karen (26) hat es nicht aufs Gelände geschafft. „Ich hab kein Ticket mehr bekommen“, seufzt sie. Wenigstens ist der Weg zum Vaihinger Bahnhof dank des eigens eingerichteten Festival-Shuttles kein Problem. „Ich werde jetzt mal schauen, wo ich in der City noch hingehe“, hält sie den weiteren Verlauf der Nacht offen. „Schade. Das Festival hier wäre schon etwas Besonderes gewesen.“