Immer mehr kleine Kommunen im Kreis Ludwigsburg siedeln immer größere Lebensmittelmärkte an. Das lohnt sich, sagen Experten – allerdings nur unter ganz bestimmten Bedingungen.

Kreis Ludwigsburg - Ingersheim steht nun auch parat. Die Gemeinde will einen neuen Lebensmittelmarkt im Ort ansiedeln. Damit liegt Ingersheim voll im Trend: Immer mehr kleine Kommunen sehen ihr Heil in einem Geschäft vor Ort. Und zwar nicht in irgendeinem Tante-Emma-Laden. Etwas größer darf es schon sein, und das Angebot soll möglichst alle Dinge des täglichen Bedarfs bereithalten. Doch gibt es genügend Nachfrage für das wachsende Angebot? Die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) sagt: Ja. Der Verband Region Stuttgart auch – zumindest fast überall im Kreis Ludwigsburg. In anderen Teilen der Region sehe es schlechter aus.

 

Zahlreiche Märkte sind in Planung

Die Liste im Kreis Ludwigsburg ist lang: In Löchgau hat gerade erst ein größerer Edeka am Ortsrand und ein Bonus-Markt im Zentrum der Gemeinde eröffnet, Gemmrigheim bekommt einen Vollsortimenter im Ortskern, Korntal ist mitten in den Planungen für einen Laden, in Gerlingen soll ein neuer, großer Supermarkt auf dem Träuble-Areal entstehen, Bietigheim-Bissingen plant aktuell einen markanten Komplex mit Vollsortimenter, Drogerie und Elektromarkt – um nur einige Vorhaben zu nennen. Nun will Ingersheim auch noch ein weiteres Lebensmittelgeschäft.

Für die Gemeindeverwaltung wäre ein Discounter im Gewerbepark Bietigheimer Weg ideal. Die benachbarten Bietigheimer Stadträte sähen in dem interkommunalen Gebiet zwar lieber Gewerbe als Handel, doch der Ingersheimer Bürgermeister Volker Godel sagt: „Wir wollen den Kaufkraftabfluss verhindern.“ Schließlich gebe es Bedarf für einen zusätzlichen rund 800 Quadratmeter großen Discounter, das habe ein Gutachten der GMA belegt – auch wenn es bereits einen kleinen Edeka vor Ort gebe.

Große Märkte lohnen sich auch in kleinen Gemeinden

Das bestätigt Gerhard Beck, Prokurist bei der GMA in Ludwigsburg. Ab 5000 Einwohnern lohnten sich größere Verkaufsflächen, sagt er. Das sei nicht immer so gewesen: „Es gibt eine Trendwende bei den Verbrauchern.“ Die Dinge des täglichen Bedarfs – also vor allem Lebensmittel und Drogerieartikel – würden immer mehr vor Ort nachgefragt. Das hätten die Supermarktbetreiber inzwischen erkannt und scheuten sich nicht mehr, große Läden in kleinen Orten anzusiedeln. Ein Fakt, der Thomas Kiwitt, Chefplaner der Region, froh stimmt: „Die verbrauchernahe Versorgung ist ein ganz wichtiges Gut“, betont er.

Allerdings müsse die Größe des Marktes stets zur Kommune passen, so Kiwitt. An Läden, die Kaufkraft aus Nachbarorten abziehen, habe die Region kein Interesse. Schließlich sei das oberste Ziel immer noch die Stärkung der einzelnen Orte. Daher werde eine Grundversorgung in jeder Gemeinde angestrebt, möglichst in der Ortsmitte. „Im Zweifelsfall ist uns ein Markt am Ortsrand aber lieber als in der übernäch-sten Gemeinde“, sagt Kiwitt.

In ländlichen Gegenden tut man sich schwer

Dennoch werde eine wirklich flächendeckende Grundversorgung wohl nicht Realität: „In Kommunen mit weniger als 2000 Einwohnern geht quasi gar nichts“, hat der Chefplaner beobachtet. Freudental ist ein gutes Beispiel: Die Gemeinde mit rund 2000 Einwohnern am Strombergrand versucht händeringend, einen Supermarkt anzusiedeln – ohne Erfolg. Und das, obwohl der Kreis Ludwigsburg, genauso wie die ebenfalls dicht besiedelten und kaufkraftstarken Kreise Esslingen und Böblingen viel Potenzial habe, sagt der GMA-Prokurist Beck. Die ländlichen Gegenden im Rems-Murr-Kreis und im Kreis Göppingen dagegen täten sich viel schwerer.

Noch schwieriger sei es jedoch für Gemeinden und kleine Städte, den Fachhandel am Ort zu halten, sagt Beck. Denn in diesem Bereich gebe es einen gegenläufigen Trend: Kleidung, Bücher und Elektronik werde immer öfter in Shoppingcentern gekauft – oder im Internet. In kleinen Orten sieht Beck daher kaum noch Chancen für den Einzelhandel: „Der kommt unter die Räder“, glaubt er.