Die neue Kulturhalle feiert mit einem Kunstsymposion, das an die drei Dorfsymposien mit Studenten in den Achtzigerjahren anknüpft, einen fulminanten Einstand. Die Ausstellung „Aktuelle Wege“ ist bis einschließlich Sonntag, 9. September, zu sehen.

Süßen - An ein Klassentreffen hat die Atmosphäre am Samstagabend in der neuen Süßener Kulturhalle erinnert. Dort haben sich Künstler aus ganz Deutschland und Akteure aus dem Ort nach drei Jahrzehnten wiedergesehen. Die 22 Künstler, die bis zum nächsten Sonntag eine ihrer Arbeiten in dem Kulturzentrum zeigen, sind als Studenten schon einmal in Süßen gewesen – bei drei legendären Dorfsymposien in den Achtzigerjahren. An öffentlichen Plätzen schufen sie Kunst und mussten sich mit den Dorfbewohnern – Süßen ist erst seit 1996 Stadt – auseinandersetzen, deren Urteil über die vor ihrer Haustüre entstehenden Kunstwerke nicht immer gnädig ausfiel.

 

Sie erlebten aber auch Anerkennung, wie Martin Bauch vom Verein zur Förderung von Kunst und Kultur bei seiner Einführung sagte. So kulminierte 1983 das Lob der kunstkritischen Öffentlichkeit für den jungen Bildhauer Andreas Helmling, der sich am Filsbogen an seinem „Süßener Kopf“ abarbeitete, in den Worten: „Schwoißa ka‘ er“ (Schweißen kann er).

Gute Erinnerungen an Süßen

Solche Erlebnisse schweißen zusammen, offenbar bleibend. „Es ist so, als ob nicht mehr als 30 Jahre Pause gewesen wäre“, sagt Jürgen Brodwolf. Der mittlerweile emeritierte Professor der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart leitete die Dorfsymposien in den Jahren 1985 und 1987 und genießt die Begegnung mit seinen ehemaligen Studenten sichtlich. Für ihn steht an diesem Abend nicht nur die Kunst im Mittelpunkt, vielmehr sind es die Menschen. „Man tauscht sich aus und erfährt, wie das Leben so läuft – und die Arbeit“, sagt der Emeritus. Von Jürgen Brodwolf sind in der Ausstellung „Aktuelle Wege“ Szenarien seiner Tubenfiguren in Guckkästen zu sehen.

Aus Säcken, wie man sie im Garten braucht, besteht die Arbeit mit dem Titel „Guard your Garden“, die Beate Ludwig aus Marbach (Kreis Ludwigsburg) mitgebracht hat. Sei sei diesmal mit leichtem Gepäck angereist, erklärt sie und lacht verschmitzt. Als Studentin wollte sie einst am Zusammenfluss von Lauter und Fils eine Skulptur aus Baumstämmen machen und sei dabei „ziemlich“ gescheitert. „Die Stämme waren da wie Streichhölzer.“ Sie hat das Beste daraus gemacht, allerdings mit tiefen Krisen zwischendurch. „Ich wollte immer wieder in die Lauter oder Fils springen, weil ich es nicht so bewältigen konnte, wie ich es mir vorgestellt hatte“, erzählt sie. An Süßen hat sie trotzdem beste Erinnerungen. „Da ist was ganz Vertrautes, auch nach so langer Zeit. Dieses Süßen hat viel bewegt.“

Vielfalt künstlerischer Temperamente

Nicht nur die Künstler – von den 22 sind 18 zu der Eröffnung gekommen – sind angetan. Auch Klaus Pavel, der Landrat des Ostalbkreises, hat es sich nicht nehmen lassen, an diesem Abend nach Süßen zu kommen. Aus alter Verbundenheit, wie er sagt und weil er den einen oder anderen kenne. Als Süßener Kämmerer hatte er das erste Dorfsymposion mit einer Bildhauerklasse von Otto Herbert Hajek organisiert. 1983 war das, Martin Bauch war damals Bürgermeister. Bauch, der die jetzige Ausstellung kuratiert hat, findet bei seiner Einführung für jeden Künstler ganz persönliche Worte – man kennt sich eben.

Von der quirligen und sehr persönlichen Atmosphäre lassen sich auch die Süßener Bürger anstecken, die zu diesem fulminanten Einstand ihrer neuen Kulturhalle gekommen sind. „Ich finde das ganz toll“, sagt ein Besucher, der namentlich nicht genannt werden will. Er meint nicht nur die Kunst, sondern auch die neue Kulturhalle. Da ihn die Fülle der Eindrücke überfordert, möchte er auf jeden Fall noch einmal vorbeischauen. Einen zweiten oder gar dritten Blick braucht es auch, um die Vielfalt der gezeigten Arbeiten und der künstlerischen Temperamente zu erfassen.

„Überwältigt“ ist auch Bürgermeister Marc Kersting, der der Vorsitzende des Kulturvereins ist. Noch vor wenigen Stunden hat er geholfen, die neue Halle vor dem ersten Ansturm zu putzen. Er wünscht sich, dass dieses neue kulturelle Zentrum der Stadt ein Ort der „freien Reflexion und Diskussion“ wird. Eine offene und tolerante Gesellschaft brauche die Kräfte von Kunst und Kultur.