Im Hannoveraner Tatort „Wegwerfmädchen“ geht es um Zwangsprostitution und Menschenhandel – und das auch noch in einer Doppelfolge. Gegen die starken Charaktere, die der erste Teil zu bieten hat, sieht Kommissarin Lindholm ziemlich blass aus.

Stuttgart - Sie sind blutjung, wunderschön und völlig ahnungslos: zehn Mädchen aus Weißrussland gewinnen bei einem Modelwettbewerb eine Reise nach Hannover. Doch was zunächst wie ein Glücksfall aussieht entwickelt sich schnell zu einem Albtraum – mit grausamem Ende. Im neuen Tatort aus Hannover „Wegwerfmädchen“ (Sonntag, 9. Dezember, 20.15 Uhr in der ARD und der ARD Mediathek) geht es um Zwangsprostitution und Menschenhandel – und das in einer Doppelfolge.

 

Ein Herrenabend mit blutigen Folgen

Zwischen Essensresten und Plastiktüten wird in einer Hannoveraner Müllverbrennungsanlage die Leiche der jungen Greta Kubina aufgefunden. Die Wunden, die ihren Körper überziehen, machen für Staatsanwalt von Braun (André M. Hennicke) deutlich: Das Mädchen war Prostituierte, und das nicht freiwillig. LKA-Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) nimmt sich des Falles an. Die Spur führt zu dem stadtbekannten Bordellbetreiber Uwe Koschnik (Robert Gallinowski), ein zwielichtiger Mann mit recht derben Sprüchen („Als die Albaner hier waren, gab es zwei Nuttenmorde pro Woche. Jetzt scheint hier die Sonne.“), der nicht nur die Kontrolle über das Rotlichtmilieu sondern auch einflussreiche Freunde hat.

Die Macht eben dieser Freunde bekommt Charlotte Lindholm denn auch zu spüren, als ein weiteres Mädchen mit ähnlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert wird. Bei ihrer Vernehmung berichtet Larissa Pantschuk (Emilia Schüle), dass sie, ihre Cousine Greta und acht weitere Mädchen aus Weißrussland auf einen Männerabend eingeladen und dort unter Drogen gesetzt worden seien. An den weiteren Verlauf sowie an die Beteiligten will sich Larissa nicht erinnern. Beweise für die Vergewaltigungen, die Lindholm vermutet, sucht sie jedoch vergeblich – und als sich herausstellt, dass auch Rechtsanwalt von Braun im Hannoveraner Rotlichtmilieu kein Unbekannter ist, steht plötzlich auch Larissas Leben auf dem Spiel.

Das Ende lässt viele Fragen offen

Der innerlich zerrissene Anwalt von Braun, der bullige Uwe Koschnik und die traumatisierte Larissa Patschnuk: Dieser Tatort hat so einige starke Charaktere zu bieten. Im Gegensatz dazu sieht die eigentlich Hauptfigur Lindholm ziemlich blass aus. Die Beziehungen zu ihrem Sohn und ihrem Freund Jan Liebermann (Benjamin Sadler) leiden unter ihrem beruflichen Engagement, das dann auch noch nicht mal die erhofften Früchte trägt.

Hier lässt sich Drehbuchautor Stefan Dähnert einige Optionen für den zweiten Teil dieser Doppelfolge offen. In „Das goldene Band“ (Sonntag, 16. Dezember, 20.15 in der ARD und der ARD Mediathek) wird der Fall wieder aufgerollt – und bringt Licht ins Dunkel der korrupten Hannoveraner Elite.

Schönste Krimifloskel: „Ich bin im Dienst“, betont Charlotte Lindholm mehrmals – mal als Reaktion auf penetrante Männer im Striplokal, mal in der Oper.

Geheime Stilikone: Lindholm sucht in der Oper nach dem Verdächtigen. Dazu benutzt sie ein Opernglas – stilecht mit abgespreiztem kleinen Finger.

Gefühlter Moment, in dem der Fall gelöst ist: Wer der Mörder ist, darüber lässt Drehbuchautor Stefan Dähnert kaum Zweifel offen. Alle Fragen sind damit aber noch lange nicht geklärt.