Der neue Tatort mit Maria Furtwängler alias Charlotte Lindholm ist kein Vergnügen für überzeugte Fleischkonsumenten oder Gegner des gesellschaftskritischen Tatorts. Dank dem Spiel von Heino Ferch lohnt sich das Einschalten trotzdem.

Stuttgart - Nach ihrem beklemmenden letzten Doppelkrimi zum Thema Prostitution („Wegwerfmädchen“ und „Das goldene Band“) ermittelt Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) nach einer fast zweijährigen Pause wieder und hat sich erneut einem gesellschaftskritischen Thema verschrieben.

 

In „Der sanfte Tod“ (Sonntag, 7. Dezember, 20.15 Uhr im Ersten und in der ARD-Mediathek) entgeht der mächtige Fleisch-Fabrikant Jan-Peter Landmann (Heino Ferch) nur knapp einem Mordanschlag. Stattdessen wird sein Chauffeur Karl „Carlito“ Ebert erschossen. Während der Ermittlungen beginnt der charismatische Familienunternehmer Landmann Kommissarin Lindholm zu umwerben – aus ehrlicher Zuneigung oder Berechnung? Und ist es ein Zufall, dass der Unternehmer gerade eine neue Wurstsorte auf den Markt gebracht hat?

Der Zuschauer ahnt recht schnell, welches Spielchen hier gespielt wird. Dieser Erkenntnis hinkt die Handlung eine ganze Weile hinterher. Dass es trotzdem nicht langweilig wird, ist unter anderem dem guten Spiel von Heino Ferch zu verdanken sowie einigen schön gezeichneten Nebencharakteren, wie etwa dem halbwahnsinnigen Schweinebauern Janzen (Oliver Stokowski) und der überforderten Hilfsermittlerin Bär (sehr gut: Bibiana Beglau).

Überzeugten Fleischessern ist dieser Krimi allerdings nicht zu empfehlen: Auch wenn Drehbuchautor und Regisseur Alexander Adolph explizite Szenen aus dem Schlachtbetrieb vermeidet, schwebt der moralische Zeigefinger doch stets über der Handlung und schlägt sich deutlich in den Dialogen nieder. Das wirkt leider wenig nachdenklich und manchmal etwas plump. Wer unpolitische Sonntagabendunterhaltung sucht, kommt bei diesem „Tatort“ nicht auf seine Kosten.

Der Tatort aus Niedersachsen im Kurzcheck

Schönste Krimifloskel: „Nehmen Sie das Schwein weg, oder ich schieße!“, die sonst so schüchterne Hilfskommissarin Bär versucht mit diesem Satz ihre Kollegin Lindholm vor einem zudringlichen Zuchteber zu retten.

Heimliche Stilikone: Mit dem Jungermittler Gisbert Engelhardt hat Drehbuchautor Adolphs im Münchner „Tatort“ eine Nebenrolle mit absolutem Kultcharakter geschaffen. In diesem „Tatort“ zeigt er mit Kommissarin Bär erneut sein Geschick für ausgefallene, linkische und gleichzeitig sehr liebenswerte Nebenfiguren.

Gefühlter Moment, in dem der Fall gelöst ist: Schon nach den ersten zwanzig Minuten ahnt der Zuschauer den Ausgang der Geschichte, muss sich aber noch eine ganze Weile gedulden.