Devid Striesow ist am Sonntag zum letzten Mal als Kommissar Jens Stellbrink aus Saarbrücken zu sehen. Zum Abschied verrät der Schauspieler, welche Ideen für die Figur von ihm stammen.
Stuttgart - Devid Striesow wird Sonntagabend um 20.15 Uhr etwas tun, was er selten macht: Er wird vorm Fernseher sitzen. Privat besitzt er gar keinen, schaut Filme und Serien über das Internet am Rechner. Doch beim Abschied vom Saarbrücker Kommissar Jens Stellbrink, den er seit 2013 in acht „Tatort“-Folgen gespielt hat, macht er eine Ausnahme. Mit der Familie im Hotel in Wien wird er „Der Pakt“ anschauen. Was ihm an dem Film besonders gut gefällt, weiß er natürlich schon: Tatsächlich der Abgang des Jens Stellbrink. „Ich finde es gut, dass er nicht mit einem Trommelwirbel geht, sondern dass es ein bisschen offen bleibt. Man muss nicht immer alles bis zum Ende durcherklären. Der Ausstieg wird gar nicht richtig thematisiert“, sagt er über den Schluss des Films. Da sieht man einen Kommissar, der an die Grenzen des emotional Erträglichen in seinem Job kommt. „Angesichts der Härte der Ereignisse kann man sich denken, dass er sich umorientiert oder aufhört“, sagt Striesow über Stellbrink. Weil er sich wieder mehr auf andere Aufgaben konzentrieren wollte, stieg Striesow aus.
Mit Vespa und Motorrad das Saarland erkunden
Ein erstes Mal hat sich Striesow bereits vor zwei Jahren von Stellbrink, dem leicht durchgeknallten, Yoga machenden Saarbrücker Ermittler, verabschiedet. Denn so lange ist die Folge bereits im Kasten. Er denke gerne zurück an die Zeit. Das kleine Saarland habe er genossen, die Leute mit ihrer Hilfsbereitschaft, die hügeligen Landschaften, die Stellbrink anfangs mit der Vespa, später mit dem Motorrad durchkreuzte. Eine Motorradtour durchs Saarland empfiehlt der 45-Jährige als Ausflugstipp. Das Bundesland habe „wunderschöne Landschaften, aber auch verruchte Ecken, richtige Krimiecken“.
Die Vespa, das Yoga und die in der ersten Folge getragene Wickelhose – hier, so verrät der Schauspieler, stecke viel Striesow im Stellbrink: „Das waren Ideen, die ich einbrachte.“ Er habe sich überlegt, wie der Kommissar sich im kleinen Bundesland wohl fortbewege, das zudem so hügelig sei. Das Fahrrad war schon mal dagewesen, sein Vorvorgänger Palu war damit durch Saarbrücken gepest. Also der Roller, später dann das Motorrad. Dass Stellbrink anfangs als extrem schräger Vogel rüberkam, habe das Publikum nicht erschreckt. Im Gegenteil: Die Quoten seien immer super gewesen. Dass echte Polizisten selten mit der Darstellung ihrer Arbeit zufrieden seien, beschäftigt ihn nicht weiter: „Wir sind ja beim Film nicht dazu da, die Realität abzubilden. Mir ging es darum, eine spannende Figur zu zeichnen, die sich über die Jahre entwickelt. Das Spannendste am „Tatort“ ist letztlich immer der Fall, und der Kommissar als Ermittler steht da nicht immer im Mittelpunkt“, sagt Striesow. Trotz der Kritik beim Start vor sechs Jahren, Stellbrink sei zu übertrieben dargestellt worden, sind die ersten zwei immer noch seine liebsten „Tatorte“ von den acht Fällen.
Emotional sein kann Stellbrink auch in der Abschiedsfolge
Im Laufe der Zeit wurde dieser Stellbrink etwas ruhiger, war nicht mehr ganz der ausgeflippte Paradiesvogel. Statt mit Gummistiefeln und karierten Shorts, wie noch in Folge eins, verabschiedet er sich im dezent blauen Sakko. Zuschauer und Fans nahmen die Saarbrücker „Tatorte“ in erster Linie als Fälle des Jens Stellbrink war – Elisabeth Brück als seine Kollegin Lisa Marx war im Vergleich wohl zu normal. Den Stempel Stellbrink bekam Striesow gleichwohl nicht aufgedrückt – da haben es andere „Tatort“-Schauspieler schwerer, die häufig fast nur noch mit der Rolle identifiziert werden. „Herr Stellbrink hat mich noch niemand genannt. Aber am Timmendorfer Strand hat mich eine Frau angesprochen: ,Herr Kerkeling, schön, dass ich sie sehe, ich habe alle ihre Bücher gelesen!‘“ Eine Verwechslung, die ihm seine Rolle als Hape Kerkeling in „Ich bin dann mal weg“ einbrachte. Ansonsten halte er sein Publikum „für so intelligent, dass sie meine Vielseitigkeit erkennen und mich nicht auf eine Rolle festlegen“, fügt Striesow hinzu.
Kino, Theater oder Fernsehen? Was er lieber macht, kann Striesow gar nicht genau sagen. „Ich weiß nur, dass mir die Theaterarbeit gerade unglaublich viel Spaß macht“, sagt er. Er steht in „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ von Edward Albee auf der Bühne. „Es ist einfach herrlich, sich in alle Teile des Berufs reinzuhängen“, ob Bühne, Bildschirm oder Kinoleinwand.
Dem Krimifach bleibt Stellbrink treu. Bereits seit Oktober ist er in der neuen ZDF-Samstagskrimireihe „Schwartz und Schwartz“ zu sehen. Auch daran hat er wieder „unglaublich viel Spaß“, vor allem an der Konstellation des ungleichen Brüderpaars Andi und Mads (Golo Euler) Schwartz. Sein heißester Tipp in Sachen Spannung auf der Mattscheibe ist zurzeit jedoch „Der Pass“ im Bezahlsender Sky.