Til Schweigers Doppel-„Tatort“ ist wegen der Terroranschläge in Paris verschoben worden. Hartmut Schoen bietet aber mit Maria Furtwängler in „Spielverderber“ einen spannenden Ersatz.

Stuttgart - Wegen der Anschläge von Paris hat die ARD den geplanten actionreichen Til-Schweiger-„Tatort“ aus dem Programm genommen und den Film „Spielverderber“ vorgezogen. In seinem ersten Sonntagskrimi seit fast zwanzig Jahren erzählt der mehrfache Grimme-Preisträger Hartmut Schoen („Zuckerbrot“) eine auf den ersten Blick gewöhnliche Krimigeschichte: Eine Frau ist erschlagen worden, ihr krankhaft eifersüchtiger Ex-Mann gilt als dringend tatverdächtig.

 

Interessant wird die Handlung durch den Schauplatz. Schon in den Achtzigern hat sich Schoen in seiner Langzeitdokumentation „Phantomfieber“ mit der Luftwaffe befasst. Die Helden seines unter anderem mit dem Grimme-Preis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichneter Thrillers „Warten ist der Tod“ (1999) waren ebenfalls Kampfflieger, und auch „Spielverderber“ spielt im Umfeld eines Fliegerhorsts. Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) muss sich auf ein Terrain begeben, in dem sie keinerlei Befugnisse hat.

Der Eindringling vom LKA

Die Handlung bleibt vordergründig allerdings unspektakulär; der Krimi bezieht seinen Reiz in erster Linie aus dem Miteinander der Figuren und natürlich den Aufnahmen vom Luftwaffenstützpunkt. Schoen verzichtet zwar auf jegliche „Top Gun“-Ästhetik, zumal die Piloten ohnehin keine Kampfjets, sondern schwere Transportmaschinen fliegen; aber eine mächtige Transall C-160 im Gegenlicht wäre ohne Frage auch ein imposantes Kinobild. Obwohl relativ viele Szenen auf dem Luftwaffenstützpunkt spielen (gedreht wurde in Wunstorf und Hohn bei Rendsburg), gibt es nur wenige Blicke „hinter die Kulissen“, was nur konsequent ist, denn die Hauptkommissarin vom LKA ist ein Eindringling und bekommt das auch zu spüren. Trotzdem verzichtet Schoen darauf, die Soldaten als verschworene Einheit zu inszenieren. Der Film vermittelt vielmehr das Bild eines perfekt funktionierenden Dienstleistungssystems, dessen Mitglieder nicht verstehen, warum ihr Ansehen in der Gesellschaft so schlecht ist.

Aber das ist nur die eine Seite der Geschichte. Die andere handelt von Liebe, Eifersucht und Kunst: Das Mordopfer hatte ein Verhältnis mit dem verheirateten Maler Goebels (Thure Lindhardt); seine Frau Kristin (Jasmin Gerat) ist Feldwebel und erwartet Zwillinge. Treibende Kraft der Handlung ist zunächst jedoch Jan Körner, der Ex-Mann des Opfers, der in der Wohnung der Frau wütet, ihre Aktbilder zerstört und sich später auch noch den Künstler vorknöpft. Gerdy Zint versieht diesen Piloten mit einem geradezu archaischen Zorn, der in reizvollem Kontrast zum kühlen Auftreten der Kommissarin steht. Allerdings zeigt Schoen auch die Grenzen der Beamtin auf, und das gilt keineswegs nur für ihre Befragungen auf dem Stützpunkt: Sie hat das Gefühl, der zuständige Staatsanwalt behindere ihre Ermittlungen, und bricht beim Disput mit ihm fast in Tränen aus. Für Furtwängler war es vermutlich eine schöne Erfahrung, auch mal andere Facetten der Figur ausleben zu dürfen.

Und die Kommissarin wird ganz Frau

Und dann gibt es noch eine Beziehung, in der Lindholm ganz Frau sein darf und für die sich Schoen wie in einer romantischen Komödie einen eigenen Prolog ausgedacht hat: Auf dem Weg zum Tatort hat die Kommissarin eine etwas unangenehme Begegnung mit einem Autofahrer, den sie quasi in den Graben nötigt. Als er frech wird, zückt sie ihren Ausweis. Später entpuppt sich der attraktive Fünfziger (Richard van Weyden) als Kommandant des Stützpunktes.

Auch wenn Schoen einige Male alle Thrillerregister zieht: Fesselnd im Sinn einer üblichen Krimispannung ist „Spielverderber“ nur punktuell. Sehenswert ist der „Tatort“ in erster Linie wegen der Führung der Schauspieler und der bemerkenswerten Bildgestaltung durch Andreas Doub (der Stammkameramann von Hannu Salonen).

Schoen ist bekannt dafür, mit seinen Darstellern schnell auf den Punkt zu kommen; viele Szenen sehen daher so aus, als habe das Setzen des Lichts deutlich länger gedauert. Einige perspektivische Effekte sind denkbar schlicht, aber ungemein wirkungsvoll. Endgültig großes Fernsehen ist das tragische und zu Tränen rührende Finale an Bord einer Transall-Maschine.