Im Zuge des Bahnhofsumbaus in der Rems-Murr-Kommune könnte der erste Selbstbedienungs-Mini-Supermarkt der hessischen Handelskette Tegut in der Region Stuttgart installiert werden. Auch Göppingen ist als Standort im Gespräch.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Einkaufen, wann immer man möchte, auch wenn andere Supermärkte längst geschlossen haben. Bezahlen quasi im Vorbeigehen, statt an der Kasse zu warten. In Schwaikheim könnte das in naher Zukunft möglich sein. Die Fuldaer Handelskette Tegut prüft zurzeit, ihr Selbstbedienungs-Nahversorgungskonzept, mit dem man in der hessischen Heimat 2020 an den Start gegangen ist, auch in der Region Stuttgart auszurollen. Das Unternehmen bestätigt auf Nachfrage, dass das firmeneigene „Expansionsteam“ verschiedene Standorte in der Region unter die Lupe nehme – neben Schwaikheim unter anderem auch die Stadt Göppingen.

 

Frischzellenkur für den Schwaikheimer Bahnhof

In der Rems-Murr-Kommune könnte der Umbau des örtlichen Bahnhofs der Anlass für Tegut sein, dort mit seinem vollautomatisierten Konzept sesshaft zu werden. Die Deutsche Bahn plant, dem Gelände rund um die Gleise in diesem Jahr eine umfassende Frischzellenkur zu verpassen. Wie ein Vertreter der Bahn dem örtlichen Gemeinderat am Dienstagabend mitteilte, würden nicht nur das denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1900 innen und außen renoviert und die Bahnsteige mit ansprechenden Aufenthaltsbereichen umgestaltet. Im östlichen Bereich solle auch ein sogenannter Teo-Markt an den Start gehen.

Bisher haben sich die Mini-Märkte mit digitaler Verkaufstechnologie an 27 Standorten vornehmlich in der hessischen Heimat von Tegut etabliert. In diesem Jahr seien 15 bis 20 weitere Eröffnungen geplant, heißt es aus der Unternehmenszentrale, größtenteils im Rhein-Main-Gebiet.

Das Prinzip ist überall gleich: Auf gerade einmal 50 Quadratmetern Fläche werden in einem standardisierten Gebäude gut 950 Lebensmittel und Haushaltswaren angeboten. Der Kauf funktioniert über Selbstscanning-Kassen und eine eigens entwickelte Handy-App ohne Personal. Alternativ kann für den Zutritt die Girokarte genutzt werden. Auch wenn ein gewöhnlicher Supermarkt im Schnitt mehr als 20 000 Artikel führt, erhebt die Handelskette dennoch den Anspruch, in den Mini-Märkten eine Vollversorgung bieten und den täglichen Bedarf bedienen zu können.

Konzept für Einkaufsbedürfnisse des 21. Jahrhunderts

„Wir versorgen die Menschen mit guten Lebensmitteln – dann, wann sie es brauchen, dort, wo sie es brauchen, rund um die Uhr, sieben Tage die Woche“, lautet die offizielle Marketingbotschaft. Man schließe damit nicht nur eine Nahversorger-Lücke, sondern überzeuge die Kunden mit einem Konzept, „das hundertprozentig auf die Lebensgewohnheiten und Einkaufsbedürfnisse der Menschen im 21. Jahrhundert ausgelegt ist, die ihre Einkäufe nicht mehr bis ins Detail aufwendig planen müssen“, heißt es aus der Tegut-Presseabteilung.

Der von dem Designstudio „design for human nature“ entwickelte, in Holzbauweise erstellte Verkaufsraum mit begrüntem Dach ist im vergangenen Jahr mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgestattet worden. Der Preis der gleichnamigen Stiftung würdigt Unternehmen, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen besonders erfolgreich ökologischen und sozialen Herausforderungen begegnen und damit Nachhaltigkeit als wirtschaftliche Chance nutzen. Der Verkaufsraum sei in nur drei Stunden aufgebaut und schließe die Versorgungslücken dort, wo kein Platz für einen klassischen Supermarkt ist, heißt es in der Würdigung des Preises. Das Besondere sei, dass er komplett ohne Personal auskomme und rund um die Uhr zugänglich sei. „Ein interessantes Konzept, das Menschen die Möglichkeit zurückgibt, gesunde Lebensmittel zu Fuß oder per Rad einzukaufen und damit dem Rückzug von Lebensmittelversorgern aus urbanen und ländlichen Wohngebieten entgegenwirkt.“

Tegut will sich noch nicht festlegen

Und wann genau kommt die optisch wie eine überdimensionale Zigarre anmutende Einkaufsmöglichkeit nach Schwaikheim? Während der Bahnbeauftragte den Teo-Markt schon fest in seine Renovierungs-Präsentation mit eingebaut hat, gibt sich Tegut noch ein bisschen zurückhaltender. Man sei, wie gesagt, an verschiedenen Standorten in der Prüfungsphase – auch in Schwaikheim, heißt es aus der Fuldaer Zentrale. Aber „ob und wann ein Teo hier an den Start gehen könnte, ist aktuell noch völlig offen“.

Teegut und ähnliche Konzepte

Unternehmen
Tegut betreibt rund 300 Filialen mit 7700 Mitarbeitern in Hessen, Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Baden-Württemberg. Der Vollsortimenter im Lebensmitteleinzelhandel mit Hauptsitz in Fulda, der im vergangenen Jahr sein 75-jähriges Bestehen gefeiert hat, ist seit 2013 im Besitz der Schweizer Genossenschaft Migros Zürich.

Tante M
In Baden-Württemberg und der Region Stuttgart hat bereits ein anderer Rund-um-die-Uhr-Selbstbedienungsladen Fuß gefasst. Die Tante-M-Filiale in Schorndorf-Haubersbronn, die im Herbst eröffnet wurde, war der 32. derartige Laden im Land. Im Rems-Murr-Kreis gibt es noch Läden in Großerlach und Waldrems. Das Grundsortiment umfasst rund 1100 Produkte. Ergänzt wird das Angebot durch Waren von regionalen Herstellern.