Ein Tempelfest endet in einer Tragödie, als ein Lager mit Feuerwerkskörpern explodiert. Mehr hundert Menschen sterben, weitere 350 werden verletzt. Rund 10 000 Gläubige wollten am Puttingal-Tempel das hinduistische Neujahrsfest Vishu feiern.

Delhi - Noch hunderte Meter entfernt zerbarsten Scheiben, bebten Häuser und flogen Trümmerteile durch die Luft: Ein hinduistisches Neujahrs-Fest in einem Tempel im südindischen Kerala endete in der Nacht zum Sonntag in einer Tragödie, als ein Lager mit Feuerwerkskörpern explodierte. Binnen Sekunden verwandelte sich das Tempelgelände in eine Todesfalle. Menschen wurden von den Flammen eingeschlossen, andere von Trümmern erschlagen oder von Explosionen zerrissen. Mindestens 106 Personen starben, weitere 350 wurden verletzt.

 

Es war die schwerste Feuerwerks-Katastrophe in der Geschichte des auch bei westlichen Touristen beliebten Küstenstaates. Etwa 10 000 Gläubige, darunter Familien mit Kindern, hatten sich auf dem Gelände des hundert Jahre alten Puttingal-Devi-Tempels in Paravur im Bezirk Kollam versammelt, um dem Feuerwerk aus Anlass des hinduistischen Neujahrsfestes Vishu beizuwohnen, das in Kerala auf den 14. April fällt. Noch am Sonntag wurden Ermittlungen auch gegen die Tempelverwaltung eingeleitet, die laut Medien untergetaucht ist. Sie soll das Feuerwerk trotz Verbots durch die Behörden abgehalten haben.

Ein gewaltiger Feuerball und Explosionen

Das Feuerwerk begann nach Mitternacht und dauerte Stunden. Dabei fielen offenbar Funken auf einen Betonschuppen am Rande des Tempels, in dem große Mengen Böller und Raketen gelagert waren. Gegen 3.10 Uhr nachts kam es zu einem gewaltigen Feuerball und zu Explosionen. Auch ein nahegelegenes Gebäude flog in die Luft. Noch einen Kilometer entfernt soll ein Mopedfahrer von Trümmerteilen erschlagen worden sein. Dicker Rauch stieg auf.

Am Ort der Tragödie spielten sich dramatische Szenen ab. In Todesangst versuchten sich die Leute vor den Flammen zu retten, es kam zu einer Massenpanik. „Überall lagen Körper“, sagte die Augenzeugin Anita Prakash dem TV-Sender CNN. Durch die Explosion fiel der Strom aus. „Es herrschte komplettes Chaos. Menschen schrien. Niemand wusste, wie er in der Dunkelheit den Weg finden konnte“, erzählte der Anwohner Krishna Das der Agentur AP. „Riesige Zementbrocken flogen durch die Luft“, berichtete ein anderer Augenzeuge.

Viele erlitten schwerste Verbrennungen

In aller Eile wurden die Opfer mit Krankenwagen und Privatwagen in Krankenhäuser gebracht. Viele erlitten schwerste Verbrennungen. Verletzte bluteten aus den Ohren. Noch am Sonntag dauerten die Rettungsarbeiten an. Unter den Trümmern wurden weitere Todesopfer vermutet. Der Premierminister Narendra Modi flog mit einem Team von 15 Fachärzten nach Kerala. „Das Feuer in Kollam ist herzzerreißend und der Schock nicht in Worte zu fassen“, ließ er im Kurznachrichtendienst Twitter verbreiten. Marine und die Luftwaffe wurden entsandt, um bei den Bergungsarbeiten zu helfen.

Kerala mit seinen von Palmen gesäumten Stränden, das sich selbst auch „God’s own Country“ nennt, ist bei ausländischen Touristen ein beliebtes Urlaubsziel. Das mehrtägige Festival des Tempels lockt jedes Jahr Tausende Gläubige an. An den letzten Tagen gibt es dabei traditionell regelrechte Feuerwerks-Wettbewerbe. Zuletzt nahm dies allerdings solche Ausmaße an, dass sich Anwohner beschwerten, ihre Häuser würden beschädigt. Die Behörden hatten daher nach eigenen Angaben in diesem Jahr aus Sicherheitsgründen das Feuerwerk verboten. Die Tempelverwaltung bestreitet dies allerdings. Die Mitarbeiter des Tempels sollen laut Medienberichten untergetaucht sein, vermutlich, weil sie Lynchjustiz fürchten.

Sorgloser Umgang mit Gefahrenmaterialien

Viele Urlauber nutzen die Hafenstadt Kollam als Ausgangsort für Touren in das Hinterland von Kerala. Große Feuerwerke sind in Indien zu zahlreichen Anlässen und Festen üblich. Dabei kommt es immer wieder zu Unfällen mit Toten. Ein sorgloser Umgang mit Gefahrenmaterialien ist in Südasien weitverbreitet. Vielen Menschen fehlt ein Risikobewusstsein. Schutzvorschriften werden missachtet. Auch die Behörden tun oft zu wenig, um die Sicherheitsgesetze auch durchzusetzen.