Für die Inszenierung eines Turniers braucht man nationale Stars – so wie Thomas Haas auf dem Weissenhof.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Acht noble Suiten und vier Komfortzimmer hat Edwin Weindorfer für seine beiden Spitzenspieler im Stuttgarter Hotel Maritim angemietet. „Für echte Stars“, sagt der Turnierdirektor auf dem Weissenhof, „mache ich das sehr gerne.“ Schließlich sind für Thomas Haas, der mit Eltern, Schwester, Verlobter, Tochter und Kindermädchen angereist ist, und für Janko Tipsarevic, die Nummer eins der Setzliste, auch die sportlichen Hauptrollen der 34. Auflage des Mercedescups reserviert.

 

Edwin Weindorfer aus Graz, der es einst als Tennisspieler in die Nähe der Top Ten im österreichischen Männertennis brachte, weiß eben genau, wie man ein Tennisevent inszeniert: „Am wichtigsten ist ein nationaler Held, mit dem sich die Fans identifizieren können“, sagt der 47-Jährige, der mit seiner Agentur Emotion 2007 in Stuttgart eingestiegen ist, „und mit Tommy Haas, der Lichtfigur im deutschen Männertennis, konnten wir keinen besseren Spieler für diese Rolle finden“. Der Dienstag hat Weindorfer recht gegeben: Als Haas in seinem Auftaktmatch gegen Igor Andrejew aufschlug, waren 4000 Besucher auf der Anlage – und der Turnierchef fühlte sich an seine Premiere von vor fünf Jahren erinnert, als der mallorquinische Superstar Rafael Nadal das Turnier am Weissenhof gewann und dabei die Massen verzückte.

Ein bisschen ist der Österreicher auf dem Centre-Court aber schon ins Schwitzen gekommen, als Haas gegen den russischen Qualifikanten den ersten Satz verlor. „Da hatte ich große Sorgen, ob der Tommy das noch schafft“, erzählt der Turnierdirektor. Doch letztlich gewann Haas in drei Sätzen – und Weindorfer ist sich jetzt sicher: „Der Tommy wird im Verlauf des Wettbewerb noch viel besser.“

Turnierdirektor sein ist kein Zuckerschlecken

Turnierdirektor auf dem Weissenhof zu sein, das ist nicht immer ein Zuckerschlecken. „In den ersten Jahren haben wir einiges Geld in die Infrastruktur gesteckt“, sagt Weindorfer, der verstärkt die Jugend auf die Anlage locken will, „inzwischen zahlen sich unsere Investitionen aus.“ Sein Engagement, das versichert der Österreicher, sei langfristig angelegt. „Und das bedeutet bei mir mindestens zehn bis zwanzig Jahre.“ Dabei ist die Konkurrenzsituation Mitte Juli mit den beiden zeitgleichen ATP-Turnieren von Bastad (Schweden) und Newport (USA) stets beachtlich. Alle vier Jahre aber, wenn wie diesmal das Olympische Tennisturnier vor der Tür steht, wird der Druck für das Weissenhof-Event, das mit 250 Punkten für den Sieger zu den kleinsten auf dem Circuit zählt (bei einem Grand-Slam-Erfolg erhält der Gewinner 2000 Punkte), noch größer: Dann bekommen Weindorfer und Co. mit dem kroatischen Umag einen weiteren Nebenbuhler.

Alles lässt das Organisationsteam aus der Steiermark, das 1991 mit einem spektakulären Tennisevent auf dem Dach eines Einkaufszentrums in die Sportvermarktung einstiegen ist und das auch für das Wiener Profigolf- und ATP-Tennisturnier verantwortlich ist, aber nicht mit sich machen. Daher spielt der Weissenhof-Vorjahressieger Juan Carlos Ferrero dieser Tage in Umag. „Die Kroaten haben ihm beim Antrittsgeld ein bisschen mehr geboten als ich“, erzählt Weindorfer, „und beim Pokern mache ich nicht mit.“

2011 war ein Seuchenjahr

Ihre bittersten Stunden haben die Vermarkter aus Österreich in Stuttgart ohnehin schon hinter sich. „Das war sehr hart“, sagt Edwin Weindorfer zu dem vergangenen Seuchenjahr 2011, als es ständig regnete und sämtliche Stars früh ausschieden. Unter dem Strich stand beim Mercedescup, der ein Budget von 2,5 Millionen Euro aufweist, vor zwölf Monaten ein historischer Negativrekord von nur 20 000 Turnierbesuchern. Doch die Zukunft des Sandplatzklassikers auf dem Stuttgarter Killesberg, wo am Mittwoch die Deutschen Dustin Brown und Björn Phau sowie am Abend dann auch der Serbe Tipsarevic das Viertelfinale erreichten, ist dennoch gesichert: So legte der Hauptsponsor Mercedes in Person von Anders Sundt Jensen, dem Leiter der Markenkommunikation, ein „klares Bekenntnis zum Spitzentennis in der Region Stuttgart“ ab. Gleichzeitig verlängerten die Autobauer um drei Jahre bis 2015.

Somit ist die Finanzierung des Turniers gesichert, denn die Kosten werden laut Weindorfer komplett über Sponsoren abgedeckt. „Die Zuschauereinnahmen sind unser Gewinn“, erklärt der Turnierdirektor, „je mehr Leute kommen, umso mehr Spaß haben wir also an unserem Job.“